Jan Mönikes (2015): Überblick über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Inhaltsverzeichnis

Übersicht über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Anders als insbesondere in den USA war der Stand der politischen Debatte der Parteien in Deutschland noch bis Mitte der 1990er einseitig auf die wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten und Gefahren der „schönen neuen Medienwelt“ begrenzt und konzentrierte sich auf Begriffe wie „Multimedia“ und „Datenautobahn“ und die erhofften oder befürchteten 500 (oder mehr) Fernsehkanäle. Erst 1995, wenn auch immerhin früher als in anderen Parteien, erweiterte sich als Folge interner inhaltlicher Auseinandersetzungen über einige kontroverse Entscheidungen und Positionen[1] auch in der SPD die politische Diskussion über das Telefon, Radio und Fernsehen der nächsten Generation um das Internet und die sich daraus ergebenden Dimensionen einer weitreichenden (auch gesellschaftlichen) Veränderung. Diese fraktionsinternen Auseinandersetzungen beförderten im Ergebnis die allgemeine Einsicht, die Informationslücken des Parlaments und den im internationalen Vergleich bestehenden Rückstand im Stand der politischen Diskussion systematisch durch eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages aufzuarbeiten.

1995: Errichtung der Enquete Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft

Vor nunmehr 20 Jahren beschloss der Deutschen Bundestag auf Antrag der SPD-Fraktion daher schließlich die Einrichtung der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft[2]. Die SPD verfolgte mit ihrem Antrag das Ziel, im Rahmen der Enquete die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Deutschland in vielen gesellschaftlichen Bereichen von den Chancen der Informationstechnologie profitieren würde. Die Kommission nahm zum 31.01.1996 ihre Arbeit auf und widmete sich bis zu ihrem Abschluss 1998 insbesondere der Frage, inwieweit neue Informations- und Kommunikationstechnologien Veränderungen innerhalb der Gesellschaft bewirken.

Ein Erster Zwischenbericht[3] dokumentiert den Versuch der Kommission, zu ergründen, wie sich sogenannte „neue Dienste“[4] auf die Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt und den Wettbewerb auswirken. Der Zweite Zwischenbericht beschäftigte sich unter der Überschrift „Neue Medien und Urheberrecht“[5] u.a. mit Fragen wie erweiterte Verwertungsrechte, Urheberpersönlichkeitsrecht, Urhebervertragsrecht und der Verantwortlichkeit von Service-Providern. Der Dritte Zwischenbericht mit „Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter“[6] Medienwirkungsforschung und Feldern multimedialen Jugendschutzes wie Computerspiele, Internet und digitales Fernsehen, Medienpädagogik. Der Vierte Zwischenbericht „Sicherheit und Schutz im Netz“[7] mit den Themen Sicherheit in der Informationstechnik, Datenschutz, Strafrecht. Der Fünfte Zwischenbericht[8]  schließlich mit „Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft“.

Trotz eines weitgehend ergebnisoffenen Umgangs mit den Themen gelang es den Teilnehmern aus den Reihen von CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und SPD nicht immer, eine einheitliche Linie zu finden. Es bestand jedoch grundsätzliche Einigkeit darin, dass bestehende Rechtsunsicherheiten und tatsächliche Hürden im Bereich Informationstechnologie beseitigt werden müssten, um das Angebot neuer Dienste zu fördern. Neben inhaltlichen Kontroversen, z.B. über die Zukunft des dualen Rundfunksystems, gab es jedoch schon keine gemeinsame Position hinsichtlich der Frage, auf welche Bereiche sich die Arbeit und die Empfehlungen der Kommission erstrecken sollten: Für die SPD fiel das Verständnis, dass die Mehrheit der anderen Teilnehmer von Informations- und Kommunikationstechnologien und deren Auswirkungen vertraten, zu eng aus. Vor allem die CDU/CSU vertrat dagegen die Ansicht, politische Empfehlungen der Kommission sollten sich allein auf medienpolitischen Kontext beschränken. Die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollten sich diesem engen Verständnis jedoch nicht anschließen, so dass sie Sondervoten im Rahmen des offiziellen Abschlussberichtes[9] abgaben, der sich auf Vorarbeiten beziehen konnte, die parallel zur „offiziellen“ Enquete-Kommission gefertigt wurden[10].

Aus dem Votum der SPD geht hervor, dass neue Technologien nicht nur im engen medienpolitischen Bereich von Bedeutung sind, sondern in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssten. Mit anderen Worten: Technologische Entwicklungen dürften nicht im „leeren Raum“ diskutiert werden, sondern im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung. Durch die neuen Entwicklungen im Bereich Informationstechnik sollte nach Auffassung der SPD eine Modernisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft eintreten. Die Chancen der neuen Technologien für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wurden insgesamt höher als die Risiken eingeschätzt. Insgesamt trägt die SPD somit den Schlussbericht der Kommission, dass Deutschland vor allem in wirtschaftlicher aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht von dem Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft profitieren kann, sofern die wesentlichen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Aufbauend auf den Arbeiten und den Erkenntnissen während der Enquete-Kommission hat die SPD in den darauffolgenden Jahren im Zusammenhang eine ganze Reihe von Initiativen zur Netzpolitik gestartet und vor allem Anträge in den Bundestag eingebracht, die darauf abzielten, die Entwicklung und Verbreitung neuer Informationstechnologien fördern. Zu diesen Initiativen zählen nicht nur direkte Förder- und Ausbauprogramme sondern auch Anträge, die das Vertrauen in diese Technologien schützen sollen.

Die Arbeit der Enquete-Kommission mündete in die Einrichtung des Ausschusses für “Kultur und Medien” und des Querschnittgremiums „Unterausschuss Neue Medien“. Dabei prägten die während der Zeit der Enquete-Kommission geleisteten Vorarbeiten bis 2009 weitgehend die Grundlinien der „Netzpolitik“ der SPD auf Bundesebene.

Nach dem 11. September 2001 rückte jedoch auch innerhalb der SPD zusehends eine Betrachtung ins Zentrum, die die Entwicklung und Nutzung neuer Informationstechnologien vor allem in den Zusammenhang mit der inneren Sicherheit und/oder der Verfolgung von Straftaten stellte. Sie fand ihren Höhepunkt in der Verabschiedung von bis heute heftig umstrittenen Regelungen zur Auslandskopfüberwachung, der Vorratsdatenspeicherung, der heimlichen Online-Durchsuchung und schließlich der Webseiten-Sperre.

Einzelne Themenbereiche und Initiativen:

Die wenigen „Internetpolitiker“ in der SPD-Bundestagsfraktion und der Partei vernetzten sich früh schon über enge persönliche Kontakte und  nutzten  zudem Diskussionsplattformen wie den „Virtuellen Ortsverein der SPD“ um sich vertrauensvoll über Themen auszutauschen und auf politische Ziele zu verständigen. Es kam so zu einer sehr produktiven Phase von Diskussionen, Texten und etlichen Anträgen im Deutschen Bundestag, die hier in einer Übersicht – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – kurz dargestellt werden sollen. Damals wie heute standen dabei Fragen des Schutzes der Persönlichkeit, der  Medienordnung, der veränderten Rolle des Staates im Mittelpunkt. Gemeinsam ist den aus dieser Zeit aber auch das spürbare Bemühen, sich dieses digitalen „Neulands“ – das es vor 20 Jahren politisch ja tatsächlich auch noch war – offen und mit einer grundsätzlich positiven Grundhaltung zu nähern, die Chancen zu betonen und Gefahren nicht nur als Risiken, sondern eben auch als Herausforderungen zu begreifen. Das höhere Ziel vieler netzpoliitischer Akteure in der SPD seit dieser Zeit: Für Fraktion und Partei auf Bundesebene Skizzen für eine Karte zu liefern, die klare Kursbestimmungen erlaubt, die auf ihre Grundwerte „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ orientiert sind.

Reform der Medien- und Kommunikationsordnung

Antrag : Reform der Medien- und Kommunikationsordnung für die Wissens- und Informationsgesellschaft verwirklichen[11]

Ziel des Antrags ist es, eine Medien- und Kommunikationsordnung zu entwickeln, die den Besonderheiten sowohl der „traditionellen“ als auch der Neuen Medien gerecht werden kann.

  • Zersplitterung der Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen überwinden.
  • Regelungen entwickeln, die der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der alten und neuen Medien gerecht werden.
  • verlässliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit für die Entwicklung von e-commerce schaffen. Notwendig ist eine Neukonzeption der Medien- und Kommunikationsordnung aber auch, um die
  • grundgesetzlich garantierte Kompetenz der Bundesländer für den Medienbereich auch langfristig
  • Sicherung der Position und der Funktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Informationsgesellschaft und ihrer Finanzierung.
  • verstärkter Nutzerschutz, der auch durch Maßnahmen zur Verbesserung des Jugendschutzes, zur Vergrößerung der Medienkompetenz auf Seiten der Nutzer und die Förderung von Medienethik auf Seiten der Anbieter und der Aufsichts- und Selbstkontrolleinrichtungen erreicht werden kann.
  • den politischen Prozess mit Hilfe der neuen Medien transparenter und die Erbringung staatlicher Dienstleistungen effektiver machen.

Initiative: Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts[12]

Die Initiative beruht auf der Annahme, dass die hohe Arbeitslosigkeit nur durch einen gelungenen Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft bewältigt werden kann. Die Chancen der Informationsgesellschaft sollen noch konsequenter zur Wissensproduktion, Wissensverwertung und für Beschäftigungszuwächse genutzt werden.

  • neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten schaffen bessere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Zusammenführung bisher getrennter Wirtschaftszweige und Verbreitung des Internets eröffnet Unternehmen den Zugang zu neuen Märkten.
  • Bildungseinrichtungen müssen besser mit Internetanschlüssen ausgestattet werden außerdem müssen höhere Übertragungsraten erzielt werden.
  • alle gesellschaftlichen Gruppen müssen an der Nutzung von Informationstechnologien in gleicher Weise teilhaben können.
  • Formulierung konkreter Ziele für 2005.

Initiative: Digitaler Rundfunk[13]:

Digitalisierung der Rundfunkübertragung schafft die notwendigen Voraussetzungen für das Zusammenwachsen von Informations-, Kommunikations-und Rundfunktechniken.

  • Öffnet neue Märkte für neue digitale Nutzungen und vielfältige innovative Prozesse.
  • Überwindung des Problems der Frequenzknappheit.
  • Die durch die Digitalisierung frei werdenden Frequenzen können für neue innovative Dienste genutzt werden.

Modernisierung des Datenschutzes, IT-Sicherheit und Verbraucherschutz

Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes[14]

Notwendig ist ein „neuer Datenschutz“ für die Informations- und Wissensgesellschaft von morgen.

Die bestehenden Datenschutzgesetze, die vor dem Hintergrund eines inzwischen weitgehend überholten Technikszenarios entstanden sind, das von zentralen Großrechneranlagen ausging, geraten angesichts der rasanten technischen Entwicklung – Stichworte Dezentralisierung und Vernetzung – immer mehr an ihre Grenzen

Das Vertrauen in neue Technologien muss gestärkt werden, um das wirtschaftliche Potenzial dieser Sparte zu nutzen.

Bei der Debatte um die Umsetzung der EU-Richtlinien in Deutschland darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, dass die Harmonisierung europäischer Datenschutzsysteme zwar einen wichtigen ersten Schritt darstellt, das mittelfristig jedoch weit über Europa hinausgehende Regelungen gefunden werden müssen.

Erst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in seiner datenschutzrechtlichen Ausprägung und die Sicherstellung des Informationszugangs garantieren und ermöglichen die Teilhabe der Menschen an der Gesellschaft.

Ein modernisiertes Datenschutzrecht solle auf eine Trennung zwischen öffentlichem und nicht-öffentlichem Bereich verzichten und wesentlich „verschlankt“ werden.

Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes:

In der Koalitionsvereinbarung heißt es: ‚Effektiver Datenschutz im öffentlichen und im privaten Bereich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokratische und verantwortbare Informationsgesellschaft. Die notwendige Anpassung des deutschen Datenschutzrechts an die Richtlinie der Europäischen Union soll kurzfristig umgesetzt werden.

  • Umsetzung der EG-Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in deutsches Recht
  • Gutachten : Grundlinien zur ‚Modernisierung des Datenschutzrechtes‘[15] formuliert Eckpunkte für eine grundlegende Reform

Antrag: Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechtes voranbringen[16]

Das bestehende Datenschutzrecht ist zu sehr am Konzept der räumlich abgegrenzten Datenverarbeitung fixiert. Der Datenschutz muss sich aber an den Herausforderungen einer dezentralen organisierten, aber miteinander, zumeinst auch weltweit vernetzten Datenverarbeitung stellen, in der die technischen Systeme auf mobilen Klein- und Kleinstrechnern installiert sind.

  • Datenschutz muss übersichtlich und transparent normiert werden
  • Datenschutz muss bei der Gestaltung von Produkten, die an der Verarbeitung persönlicher Daten beteiligt sind beachtet werden. (Privacy by Design)
  • Informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht der Informationsgesellschaft soll in das Grundgesetz aufgenommen werden.
  • Einführung eines Arbeitnehmerdatenschutzes
  • Opt-In soll als Grundsatz für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung gelten
  • Einführung von Selbstregulierungsmechanismen
  • Verbesserung der Durchsetzungskompetenzen der Kontrollstellen

Antrag: Sichere Informations- und Kommunikationsstrukturen gewährleisten[17]

Mit der zunehmenden Bedeutung elektronischer Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen für alle gesellschaftlichen Bereiche wächst zugleich das Bewusstsein um die neuen Gefahren, die mit den spezifischen Merkmalen elektronischer Datenverarbeitung in globalen Netzwerken einhergehen. Die Bundesregierung muss diesen Gefahren durch entsprechende Maßnahmen entgegen wirken. Dabei muss die Kryptofreiheit gewahrt bleiben.

Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen[18]

  • Verbraucher erhalten ein verbessertes Widerrufsrecht
  • Anrufer bei Werbeanrufen dürfen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken
  • Bekämpfung sogenannter Kostenfallen im Internet 

Antrag: Förderung von Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E-Business[19]

  • Bestehende Programme zur Förderung von Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E- Business sollen in einer gemeinsamen Strategie zusammen gefasst werden
  • In allen Bundesbehörden sollen diese Programme gleichförmig angewendet werden und sie sollen in die Gespräche mit den Ländern zu einer E-Government-Gesamtstrategie eingebracht werden. 

Digitale Spaltung überwinden

Antrag: Digitale Spaltung der Gesellschaft überwinden – Eine Informationsgesellschaft für alle schaffen [20]

Die Frage der Gewährleistung des Zugangs zu den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten (IuK) ist als die entscheidende Herausforderung der entstehenden Wissens- und Informationsgesellschaft anzusehen. Die Sicherstellung eines umfassenden gesellschaftlichen Zugangs zu neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten auf dem jeweils aktuellen technologischen Leistungsniveau und des Zugangs zu relevanten Inhalten, dem „Content“, bildet die zentrale Voraussetzung für die Aufhebung der digitalen Teilung.

  • digitale Spaltung muss verhindert werden, um einer daraus resultierenden Diskriminierung bestimmter Gruppen vorzubeugen
  • Kosten für die Internetnutzung sowie die Hardware müssen sind, da diese bislang eine Zugangsbarriere insbesondere für einkommensschwache Haushalte darstellen
  • an öffentlichen Orten müssen leistungsfähige Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bereitstehen
  • die Medienkompetenz muss im Schul-, Bildungs- und Weiterbildungssystem gefördert werden
  • Aufbau einer digitalen Bibliothek
  • Verbesserung der Online-Präsenz der öffentlich-rechtlichen Angebote

Antrag: Chancengleichheit in der globalen Informationsgesellschaft sichern- VN-Weltgipfel zum Erfolg führen[21]

Die Entwicklung der modernen Kommunikationstechnologien stellt die internationale Gemeinschaft vor die Herausforderung, auf die globale Chancengleichheit beim Zugang und der Nutzung dieser Kommunikationstechnologien hinzuwirken.

  • effektive globale Internetverwaltung an der demokratisch legitimierte Regierungen, Standardisierungsgremien, Betreiber und Diensteanbieter sowie Nutzer in gleicher Weise beteiligt sind.
  • hinsichtlich der Interverwaltung ist einer zivilen Nichtregierungsorganisation der Vorzug vor einer staatlichen Organisation zu geben
  • Entwicklungs- und Schwellenländer sind in verstärktem Maß an dieser Verwaltung zu beteiligen. Ihre Interessen sind bei der Verteilung von Domainnamen und IP-Adressen sowie hinsichtlich der Standorte der Rootserver zu beachten.
  • Kulturelle und sprachliche Vielfalt muss auch im Internet gewahrt und gefördert werden

Informationsfreiheit, e-Demokratie und e-Government

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)[22]

Das Gesetz soll das Verwaltungshandeln des Bundes durch erleichterten Informationszugang transparenter gestalten. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger werden gestärkt.

  • Anstelle des „Amtsgeheimniss“ tritt ein umfassender Auskunftsanspruch: „Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.“ (§ 1 Abs. 1, S. 1 IFG)
  • Das Informationsfreiheitsgesetz dient vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, denn In der modernen Informationsgesellschaft werden Informations-, Kommunikations- und Partizipationsanliegen der Bevölkerung immer wichtiger und verwaltungstechnisch immer leichter erfüllbar.
  • Die neuen Informationszugangsrechte verbessern die Kontrolle staatlichen Handeln und sind insofern auch ein Mittel zur Korruptionsbekämpfung.

Antrag: Deutschlands demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft[23]

Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik ist es, für den durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken vorangetriebenen Gesellschaftswandel solche Leitbilder zu formulieren, durch die sich die Informationsgesellschaft sozial verträglich und demokratisch entfalten kann.

  • Transparenz und Partizipation bei der Gestaltung der Informationsgesellschaft
  • Maßnahmen wie Zensur oder generelle Überwachung elektronischer Kommunikation dürfen für alle demokratischen Staaten grundsätzlich nicht in Frage kommen
  • Eine „Filterung“ öffentlicher Meinungsäußerung nach inhaltlichen Kriterien oder ein Verbot vertraulicher Kommunikation scheidet aus.

Antrag: e-Demokratie: Online-Wahlen und weitere Partizipationspotenziale der Medien nutzen[24].

Die Politik hat die Potenziale der neuen Informations-und Kommunikationsmöglichkeiten und die Herausbildung der globalen Informations- und Kommunikationsnetzwerke für die politische Kommunikation positiv aufzunehmen und in den Gestaltungsprozess einzubinden.

  • Wissens- und Informationsgesellschaft verändert die Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Medien und Politik.
  • e-Demokratie Projekt
  • Zugang als Mittel demokratischer Teilhabe
  • Anspruch der Bürger auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung (Informationsfreiheitsgesetz)
  • Stimmabgabe per Internet (so Abschlussbericht der Enquete-Kommission)

Antrag: Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern[25]

Die zunehmende Digitalisierung wird als wichtiger Faktor für wirtschaftliches Wachstum angesehen. Erforderlich ist jedoch, dass sowohl in Unternehmen als auch in der Verwaltung offene Standards zur Dokumentenverwaltung genutzt werden können.

  • Für alle Beteiligten muss der Austausch von Dokumenten und Daten zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern ohne große technische Hindernisse möglich sein. Die öffentliche Verwaltung muss besonderen Wert darauf legen, niemanden von der Beteiligung an einem elektronischen Verfahren aufgrund der Nutzung eines bestimmten Produktes auszuschließen.
  • Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und aus- reichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offengelegt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert werden.

Urheberrecht

Zwischenbericht der Enquete Kommission: Neue Medien und Urheberrecht[26]

Das bestehende Urheberrecht sollte nur zurückhaltend reformiert werden. Die bestehenden Herausforderungen können mit Hilfe einer Änderung der Rechtsprechung sowie durch Ergänzungen bewältigt werden.

  • die Regelung des § 53 UrhG (Recht zur privaten Vervielfältigung) sollte auch digitale Techniken umfassen
  • der digitale Abruf von Kopien aus öffentlichen Bibliotheken für wissenschaftliche und schulische Forschungszwecke soll nicht beschränkt werden.

Antrag: Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen [27]

  • Mit den anderen Fraktionen des Bundestages fordert die SPD, die EU Kommission auf, ihren Vorschlag für die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen zu überarbeiten.
  • Die Patentierbarkeit von Software sei zwar ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, eine zu weit gehende Patentierbarkeit von Computerprogrammen drohe sich jedoch negativ auf die Innovationsdynamik auszuwirken und zu neuen Rechtsunsicherheiten insbesondere für Open-Source-Konzepte zu führen.

Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums[28]

  • Das Gesetz dient der Verbesserung der Stellung der Rechtsinhaber beim Kampf gegen Produktpiraterie. Es soll einen Beitrag zur Stärkung des geistigen Eigentums leisten und dient der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG[29].
  • Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass Rechteinhaber gegenüber Dritten (z.B: Service Provider) einen Auskunftsanspruch auf Herausgabe der Daten des „Verletzers“ haben können.

Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computer-Kriminalität[30]

  • Mit diesem Gesetz wurden das Übereinkommen des Europarates über Computerkriminalität[31] und der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union über Angriffe auf Informationssysteme[32] in deutsches Recht umgesetzt.
  • Durch die Einführung des § 202c Strafgesetzbuch[33] (StGB) sollen bestimmte besonders gefährliche Vorbereitungshandlungen selbstständig mit Strafe bedroht werden.
  • Erfasst werden insbesondere die so genannten Hacker-Tools, die bereits nach der Art und Weise ihres Aufbaus darauf angelegt sind, illegalen Zwecken zu dienen, und die aus dem Internet weitgehend anonym geladen werden können. 

Innere Sicherheit und Strafverfolgung

Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG[34]

Durch das Gesetz erfolgte eine grundlegende Neuregelung des Rechts der verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, das in den §§ 98a bis 101, 110a bis 110e und 163d bis 163f StPO geregelt ist. Dabei sollten technische Weiterentwicklungen berücksichtigt werden.

Durch § 100a Abs. 4 StPO soll der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch bei der Telekommunikationsüberwachung gewährleistet werden.

Umgestaltung des § 100g StPO in eine Datenerhebungsbefugnis und die Erstreckung der Befugnis zur Durchsicht von Datenträgern auf mit diesen vernetzten – aber räumlich getrennten Speichermedien (§ 110 Abs. 3 StPO)

Zur Umsetzung der Richtlinie[35] zur „Vorratsspeicherung“ von Verkehrsdaten werden im Telekommunikationsgesetz (insbesondere in den §§ 113a, 113b TKG) Regelungen über entsprechende Speicherungspflichten sowie in der Strafprozessordnung (§ 100g StPO) Regelungen über darauf bezogene statistische Erhebungen und Berichtspflichten geschaffen.

Es wird am 9. November 2007 in namentlicher Abstimmung von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestags verabschiedet, am 26. Dezember 2007 von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet und trat mit dem 1. Januar 2008 in Kraft.

Inwieweit dieses Gesetz mit dem Grundgesetz verträglich ist, sollte durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht geklärt werden,[4] allerdings bestanden bereits bei der Ratifizierung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit.[5] Diese bestätigten sich schließlich auch durch Aufhebung des Gesetzes durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 02. März 2010 – 1 BvR 256/08.

Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt[36]

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Verbesserung der Möglichkeiten bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt. Das BKA erhält unteranderem folgende Kompetenzen:

Rasterfahndung: Das Bundeskriminalamt kann von öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen die Übermittlung von personenbezogenen Daten von bestimmten Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhalt im öffentlichen Interesse geboten ist, erforderlich ist. (§ 20j Abs. 1, Satz 1)

Verdeckter Einsatz in informationstechnische Systeme : Das Bundeskriminalamt darf ohne Wissen des Betroffenen mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. (§ 20k Abs. 1)

Überwachung der Telekommunikation: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen die Telekommunikation einer Person überwachen und aufzeichnen, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20l Abs. 1)

Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten und Nutzungsdaten: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 und § 113a des Telekommunikationsgesetzes) erheben wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20m, Abs. 1)

Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und –endgeräten: Das Bundeskriminalamt kann unter den Voraussetzungen des § 20l Abs. 1 durch technische Mittel

  1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie
  2. den Standort eines Mobilfunkendgeräts ermitteln.

Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen[37]

Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung von Diensteanbietern, die den Zugang zu Kommunikationsnetzen vermitteln (Zugangsvermittler), technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kinderpornografischen Internetangeboten zu erschweren.

Sperrliste: Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornografie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu ver- weisen (§ 8a Abs. 1 TMG)

Stoppmeldung: Die Diensteanbieter leiten Nutzeranfragen, durch die in der Sperrliste aufgeführte Telemedienangebote abgerufen werden sollen, auf ein von ihnen betriebenes Telemedienangebot um, das die Nutzer über die Gründe der Sperrung sowie eine Kontaktmöglichkeit zum Bundeskriminalamt informiert. (§ 8a Abs. 4 TMG) 

Internet-Infrastruktur:

Antrag: Erweiterung des Adressraums im Internet[38]

  • Auch wenn das Internet global strukturiert ist, zeigt sich wegen des großen Erfolges dieser und anderer nationaler Adressierungen inzwischen weltweit ein Trend, die Adressierung auf Ebene der Top-Level-Domains weiterzuentwickeln
  • Neben den bekannten Adressen wie „.com“, „.org“ und den nationalen Adressen wie „.de“ wird der Adressraum um regionale Adressierung erweitert, um stärkere lokale und regionale Nutzung zu fördern bzw. homogene Märkte und Nutzungsräume schon auf Ebene der Top-Level-Domains sichtbarer und erkennbarer zu machen.
  • Diese Entwicklung bietet für Deutschland große Chancen und für die Bundesländer, Regionen und Städte, sich noch stärker als bisher in ihrer Eigenheit wirtschaftlich und kulturell weltweit präsentieren zu können. Die SPD-Fraktion unterstützt daher ausdrücklich Initiativen für neue Namensräume wie „.berlin“ oder „.nrw“.

III. 2010: Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“[39]

Mit dem Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005 fand die erste, sehr produktive Phase parlamentarischer Beschäftigung mit den Auswirkungen des Internet aus Politik und Gesellschaft in der SPD ein vorläufiges Ende. Die Zeit der darauffolgenden Koalition der SPD mit CDU/CSU zeichnete bereits ein zwiespältiges Bild, obwohl die in der Netzpolitik handelnden Personen weitgehend gleich geblieben waren.

Innerhalb der SPD rückte der Gedanke des „Schutzes“ dennoch wesentlich stärker in den Mittelpunkt. Bei Gesetzesinitiativen wie der Vorratsdatenspeicherung oder der „Websperre“ sollte dieses vorrangig durch Einschränkungen allgemeiner Freiheit durch Strukturen der Überwachung realisiert werden. Hiergegen wendete sich eine zunehmende Zahl von Mitgliedern in der SPD und vor allem viele jüngere Anhänger sozialdemokratischer Netzpolitik, was beim Thema Websperren beispielsweise in einen Initiativantrag für den SPD-Bundesparteitag mündete[40]. In diesem verlangte die Parteibasis von ihrer Fraktion im Bundestag nicht mit dem Koalitionspartner für die von Ursula von der Leyen vorgelegte Gesetzesinitiative zu stimmen, da sie hier „eine rote Linie“ überschritten sah. Eine Aussprache zu diesem Thema auf dem Bundesparteitag verhinderte jedoch das Parteitagspräsidium unter dem späteren Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas[41], so dass – anders als bei der Fraktion von Bündinis90/Grüne, die sich nach einem entsprechenden Beschluss ihres Parteitages nicht mehr zur Zustimmung zu dem Gesetz in der Lage sah – die überwiegende Zahl der Abgeordneten der SPD diesem Gesetz zustimmten.

In der Folge erreichten die Proteste den von den Netzpolitikern in der SPD vorhergesagten Höhepunkt: Mehr als 130.000 Bürger unterschrieben eine gegen das Gesetz gerichtete Petition und die „Piratenpartei“ wurde aufgrund ihrer Umfrage- und Wahlergebnisse kurzfristig als ernsthafte politische Herausforderung der etablierten Parteien wahrgenommen. In der Folge schwand die öffentliche Zustimmung zu dem gerade erst in Kraft getretenen Gesetz so sehr, dass die nach den Wahlen 2009 regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP die Aufhebung des Gesetzes schließlich selbst betrieb und dieses am 1. Dezember 2011 nahezu einstimmig aufgehoben wurde[42].

Auch wenn die SPD nach ihrer Wahlniederlage Nachbesserungsbedarf erkannte[43], die Phase, in der vor allem die SPD als fortschrittliche „Netzpartei“ in Deutschland wahrgenommen wurde, war 2010 vorüber – die Glaubwürdigkeit ihrer Protagonisten in der „Community“ langfristig schwer beschädigt.[44]

Die Koalition aus CDU/CSU und FDP erkannte die sich auftuende politische Lücke[45] und kündigte im Januar 2010 die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ an. In der Presseerklärung hierzu heißt es:

„Der Staat muss Rahmenbedingungen setzen, um das Internet als freiheitliches Medium zu schützen sowie seine Funktionsfähigkeit und Integrität zu erhalten und zu fördern. Für Bürgerinnen und Bürger, für Wirtschaft und Wissenschaft ist ein freier, ungehinderter Zugang zum Internet von großer Bedeutung und entscheidet mit über den Wohlstand eines Landes. Die Entfaltung der Freiheitsrechte, im besonderem Maße das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, müssen im digitalen Zeitalter gewahrt und ihre Durchsetzbarkeit gesichert werden.“[46]

Diese Enquetekommission beschäftigte sich in 3 Jahren Arbeit und fast 2.000 Seiten Abschlussbericht leider wieder mit Themen, die bereits in der vorangegangenen Expertenrunde abgearbeitet wurden. Darunter:

  • die „Stärkung der Medienverantwortung“ von Anbietern und Nutzern,
  • die „Erhaltung und Sicherung von Medien- und Meinungsvielfalt“,
  • die „Förderung der Medienkompetenz“ in Bildungseinrichtungen und
  • die „Gewährleistung einer vertrauenswürdigen und sicheren Internet-Infrastruktur“[47]

Nun mehr erklärte auch die CDU/CSU Fraktion, dass sich das Thema Informationstechnologie nicht isoliert von gesellschaftlichen Entwicklungen diskutieren lässt. Schon in ihrem Antrag heißt es: „Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich im und mit dem Internet statt.“[48]

Auch wenn jede Auseinandersetzung zum Thema „Netzpolitik“ zu begrüßen ist, so kam die politische Einsicht, dass das Internet Teil des Lebens geworden ist, damals schon um einige Jahre zu spät. Diese Annahme sollte taugt nicht mehr als Ausgangspunkt für eine neue Debatte. Sinnvollerweise hätte die neue Enquete-Kommission daher sicherlich besser dort weitergemacht, wo die letzte Kommission aufgehört hatte und die seitherige Entwicklung kritisch untersucht und grundlegende Positionen weiterzuentwickeln. Stattdessen wurden in weiten Teilen ihrer Arbeit bereits geführte Debatten nur noch einmal in anderer Zusammensetzung und neuen Überschriften wiederholt.

So gelangte diese Enquete daher erwartungsgemäß auch nur zum Teil zu neuen Erkenntnissen und einigte sich nur auf wenige Punkte[49]:  Selbst die von den Sachverständigen fraktionsübergreifend beschlossenen zentralen Handlungsempfehlungen jedoch fanden in den Koalitionsverhandlungen 2014 kurz darauf aber schon keine Mehrheit[50].  Und im Zuge der Enthüllungen von Edward Snowden zur massenhaften Überwachung der NSA auch in Deutschland erklärte die CDU-Vorsitzende Kanzlerin Merkel noch 2013 „Das Internet ist für uns alle Neuland“[51].

Der SPD ist es in der Rückschau mit ihren Initiativen in den ersten 15 Jahren „Netzpolitik“ somit zwar gelungen, das Thema „Internet“ in den zutreffenden Zusammenhang als ein wesentlicher Treiber gesellschaftlichen Wandels einzuordnen und die Diskussion darüber in ihrer Breite zu befördern. Netzpolitik ist heute als etablierter Teil allgemeiner Politik „angekommen“[52].

Anders aber als es noch in den ersten Jahren erschien, ist es der SPD auch nicht in der wichtigen Phase bis zum Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005, aber auch danach (noch) nicht gelungen, auch für sich selbst einen festen Grund zu erarbeiten, der es ihr ermöglichen würde, auch in rauer politischer See oder als „Juniorpartner“ in großen Koalitionen in heiklen Fragen etwa des „Schutzes“ und der „Sicherheit“ im Zweifel einen klaren Kurs in Richtung ihres Grundwertes „Freiheit“ zu halten. Zuletzt am überraschenden Kurswechsel von Sigmar Gabriel und Heiko Maas in der Frage der Vorratsdatenspeicherung[53] wurde vielmehr deutlich, warum sich die SPD in diesem wichtigen neuen Politikfeld daher immer wieder mit dem Vorwurf fehlender Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit konfrontiert sieht.

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[1] Bspw. wegen den Formulierungen der Anfrage „Multimediale Kommunikation – Stand und Perspektive der Entwicklung in Deutschland“ in BT-Drs. 13/958 und der Positionen zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes

[2] Schlussbericht der Kommission BT-Drs. 13/ 11004 vom 22.06.1998; Sh.: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf.

[3] BT-Drs.: 13/6000 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/060/1306000.pdf.

[4] Als neue Dienste gelten Online-Angebote, Elektronische Dienstleistungen, Teleshopping, On-Demand-Dienste und Electronic Publishing.

[5] BT-Drs. 13/8110  http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf

[6] BT-Drs. 13/11001

[7] BT-Drs. 13/11002

[8] BT-Drs. 13/11003

[9] Abschlussbericht BT Drs. 13/11004, S. 114 ff. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf

[10] Diese sind im wesentlichen dokumentiert in Tauss/ Kollbeck/ Mönikes (Hrsg.) „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, Nomos, Baden-Baden 1996

[11]BT-Drs. 14/ 8649 vom 21. 03. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/086/1408649.pdf.

[12] Aktionsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahr 1999; Sh.: http://www.bmbf.de/pub/inno21d.pdf.

[13] Bericht BT-Drs. 13/11380 vom 24.08.1998; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/113/1311380.pdf.

[14] Vogt/Tauss: Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes Sh.: http://jaccomat.net/net/jtauss/dl/eckpunktedatenschschutztaussvogt1998.pdf.

[15] Gutachten im Auftrag des Bundes Innenministeriums aus dem Jahr 2002; Sh: http://www.dud.de/documents/modernisierung-dsrecht.pdf.

[16] BT-Drs 14/9709 vom 03. 07. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/097/1409709.pdf.

[17] BT-Drs. 14/9683 vom 03.07.2002; Sh.:http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/096/1409683.pdf.

[18] Entwurf BT-Drs. 16/10734 vom 31.10.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[19] BT-Drs. 16/13618 vom 01.07.2009, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[20] BT-Drs 14/6374 vom 20.06.2001; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/063/1406374.pdf.

[21] BT-Drs. 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[22] Entwurf: BT-Drs. 15/4493 vom 14.12.2004; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504493.pdf.

[23] BT-Drs. 13/5197 vom 27.06.1996; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/051/1305197.pdf.

[24] BT-Drs. 14/8098 vom 29.01.2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/080/1408098.pdf.

[25] BT_Drs 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[26] BT-Drs 13/8110 vom 30.08.1997; Sh.:. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf.

[27] BT-Drs. 15/4403 vom 12.04.2004, Sh: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504403.pdf.

[28] Regierungsentwurf, Sh.: http://www.bmj.bund.de/files/-/1727/RegE%20Durchsetzungsrichtlinie.pdf.

[29] Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, Sh.:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:157:0045:0086:DE:PDF.

[30] Sh.: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl107s1786.pdf.

[31] Sh.: http://conventions.coe.int/treaty/ger/treaties/html/185.htm.

[32] Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:069:0067:0071:DE:PDF.

[33] § 202c Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten

(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er

  1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
  2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

[34] Gesetzesentwurf, Sh.: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2007/0275-07.pdf.

[35] Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:105:0054:0063:DE:PDF

[36] Gesetzesentwurf: BT-Drs. 16/9588 vom 17.06.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/095/1609588.pdf.

[37] Entwurf BT-Drs. 16/12850 vom 05.05.2009; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/128/1612850.pdf. (Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten.)

[38] BT-Drs. 16/4564 vom 07. 03. 2007; Sh. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/045/1604564.pdf.

[39] Antrag, Sh.: http://www.carta.info/docs/EnqueteAntrag.pdf.

[40] Bericht des Spiegels: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/internet-sperren-spd-basis-rebelliert-gegen-anti-kinderporno-gesetz-a-629919.html

[41] S. 89, Protokoll des a.o. Parteitags Berlin 2009  http://www.spd.de/linkableblob/1792/data/protokoll_und_beschluesse_bundesparteitag_berlin_2009.pdf ; http://www.heise.de/newsticker/meldung/SPD-Parteitagsantrag-gegen-Gesetz-zu-Web-Sperren-gescheitert-181378.html

[42]Protokoll der 146. Sitzung des Deutschen Bundestages  http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17146.pdf

[43] http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=118

[44] Vgl. statt vieler B. Gürkan, http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/ oder M. Beckedahl: http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/

[45] http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/internetpolitik-schwarz-gelb-sucht-naehe-zur-netzgemeinde/1670888.html

[46] Sh.: http://www.cducsu.de/Titel__koalition_will_enquete_kommission_internet_und_digitale_gesellschaft/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__14574/Inhalte.aspx.

[47] Sh.: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,671781,00.html.

[48] AaO. 39.

[49] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internet-enquete-fordert-ausschuss-und-minister-a-895256.html

[50]Gesamtanalyse:  https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2014/06/Netzpolitik-in-Deutschland.pdf

[51] http://www.zeit.de/digital/internet/2013-06/merkel-das-internet-ist-fuer-uns-alle-neuland

[52] http://www.parlamentarische-linke.de/wp-content/uploads/2015/01/PL_Reader_NetzPol.pdf

[53] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-will-schnell-gesetz-zur-vorratsdatenspeicherung-vorlegen-a-1024645.html

Dr. Aleksandra Sowa (2015):  „Auch früher gab es schon digitales Leben!“ – Impressionen vom Barcamp #DigitalLeben in Berlin

„Ein Kritiker muss die Wahrheit sagen. Er muss sie aber auch kennen.“ (Jules Renard)

Samstag, Sonne, Kalkscheune in Berlin, über 200 Anmeldungen und mit Jan Moenikes und mir zwei altgediente VOVler. Kann es einen besseren Ort als das erste Barcamp #DigitalLeben der SPD geben, das Buchprojekt zum Virtuellen Ortsverein (VOV) vorzustellen?

Es gehört viel Mut dazu, in einer so traditionsreichen und streng hierarchisch organisierten Parteiorganisation wie der SPD ein Veranstaltungsformat zuzulassen, indem so gut wie nichts planbar ist. Weder die Themen noch das Interesse der Teilnehmer noch ihr Background – in der Anmeldung wurde lediglich abgefragt, ob man Parteimitglied sei. „No risk, no fun“ – ich finde, es hat sich ausgezahlt, sich auf dieses Experiment einzulassen. Eine durch und durch erfolgreiche Veranstaltung, die wiederholt werden will – am besten jeden Monat, wenn man die Zwischenrufe aus dem Publikum nicht ungehört verhallen lässt.

Sessionplanung Digitalleben Berlin Kalkscheune 2015

Vom Cybermobbing über IT-Sicherheit, Vorratsdatenspeicherung bis hin zur Erläuterung, wie man einen Arbeitskreis gründet, um „Digitales Leben“ alias Netzpolitik voranzutreiben – es stand so ziemlich alles, was das junge Herz eines engagierten Sozialdemokraten erfreut, auf dem Sessionplan. Im Sommer soll übrigens dazu ein Diskussionspapier („SPD – die digitale Mitmachpartei“) veröffentlicht und im Netz diskutiert werden. Am Samstag gab es eine dazu Kostprobe.

Also, alles in allem ein optimaler Rahmen, ein günstiger Zeitpunkt und die richtige Zielgruppe für das „Outing“ unseres Projektes „Virtueller Ortsverein (VOV) – die digitale Avantgarde der SPD“.

Jan Moenikes
Jan Moenikes

Prominent, im großen Forum, kurz nach der Mittagspause, haben Jan Mönikes und ich den VOV vorgestellt. Jan berichtete sehr beeindruckend über sein frühes Engagement, die Arbeit des VOV, seine persönlichen Eindrücke und seine Gefühle, als sich der Virtuelle Ortsvereins 2011 auflöste. Mein Part war,  all´ diejenigen, die sich an den virtuellen Aufbruch vor zwanzig Jahren noch erinnern, einzuladen, an unserer digitalen Plattform www.virtueller-ortsverein.de bzw. dem Buchprojekt mitzuwirken und organisatorische Hinweise zu geben. „Lasst dieses Kapitel der Geschichte der Netzpolitik nicht in Vergessenheit geraten“, lautete mein Appell an die Community, die uns mit zunehmender Aufmerksamkeit interessiert lauschte. Na ja, eventuell war es vielleicht doch nicht „so dramatisch“.

Aber es war genau das eingetreten, was wir mit der Präsentation unseres Projektes bezwecken wollten: Ein wichtiges Kapitel aus der Geschichte der SPD vor dem Vergessen retten. Ein Stück netzpolitische Geschichte aufzuarbeiten, auf das heutige Sozialdemokrat/-innen stolz sein können. Und eine Idee weiterdenken, weitergeben und weiterentwickeln. Oder auch aus unseren Fehlern lernen.

Eins konnten Jan und ich uns zum Schluss dann allerdings doch nicht verkneifen. Denn erwartungsgemäß war die Vorratsdatenspeicherung „das“ dominante Thema der Vorträge und Pausengespräche beim Barcamp #DigitalLeben in der Berliner Kalkscheune (es kursierte sogar das Gerücht, dass der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel persönlich die Veranstaltung beehren würde und nicht nur die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi). Wäre es nach den Anmeldungen gegangen, hätten mindestens drei der fünfzehn Panels der VDS gewidmet sein müssen. Wir haben daran erinnert, dass sich bereits der VOV mit dem Thema Vorratsdatenspeicherung befasst hat. Der ehemalige VOV-Pressesprecher, Arne Brand, hatte dazu bereits Anno Domini 2001 😉 eine Pressemeldung herausgegeben.

Twitterwall Barcamp digitalleben 25 04 2015 234629

P.S.: Unter dem hashtag #DigitalLEBEN konnte man das Barcamp über Twitter (http://digitalleben.tweetwally.com/) verfolgen. Kurz nach unserem Auftritt wurde über die Twitterwall des Barcamp gezwitschert: Der Virtuelle Ortsverein der SPD – ein Rückblick auf die Zukunft in Worten und Bildern – www.virtueller-ortsverein.de #DigitalLeben

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