Dr. Aleksandra Sowa (2015): „Wahlmaschine“ des Virtuellen Ortsvereins

Gespräch mit den Wahlleitern des VOV, Jens Hoffmann und Axel Schudak

„Ihr werdet nie virtuell Plakate kleben können!“ ‒ an diese Aussage des SPD-Ehrenvorsitzenden, Hans-Jochen Vogel, an den Virtuellen Ortsverein (VOV) gerichtet, erinnerte Jörg Tauss in seinem Beitrag über „Die Geschichte des VOV und der Netzpolitik“. Plakate wurden vom VOV gewiss nicht geklebt, dafür wurde im Virtuellen Ortsverein bereits im Jahr 1995 virtuell gewählt. „Ich habe die Mails damals noch per Hand ausgezählt“, erinnert sich der Wahlleiter, Axel Schudak, an die ersten Vorstandswahlen (die zugleich vermutlich die ersten Onlinewahlen deutschlandweit gewesen sind), „damit dürfte die erste Onlinewahl in der Steubenstraße in Oldenburg organisiert und ausgezählt worden sein.“ Er kann sich auch deshalb „noch recht gut an die erste Auszählung erinnern“, weil sie sehr knapp war. „Immerhin lagen Jakob von Weizsäcker und Heino Prinz nur wenige Stimmen auseinander …“, erinnert er sich, „und ich wollte eigentlich Jakob.“ Gewonnen hat dann doch Heino Prinz – und wurde erster virtuell gewählter Vorsitzender des VOV (s. Wahlergebnis der Vorstandswahlen 1995).

Ergebnis der ersten Vorstandswahlen des VOV im Jahr 1995, hier: Online-Wahl des Vorsitzenden.
Ergebnis der ersten Vorstandswahlen des VOV im Jahr 1995, hier: Online-Wahl des Vorsitzenden.

Von den Besten lernen

Bis zu seiner Auflösung im Jahr 2011 [1] wurden sowohl alle Vorstandswahlen online vollzogen als auch interne Abtimmungen per E-Mail durchgeführt. „Der VOV hatte sich von Anfang an auf die Fahne geschrieben, zu untersuchen, wie direkte Demokratie im Internet realisiert werden kann. Dazu gehören selbstredend auch Wahlen“, erinnert sich Jens Hoffmann, Mitbegründer des VOV und etliche Jahre selbst der (online gewählte) Wahlleiter des Vereins.

Offene Stimmabgabe oder Meinungsäußerung ist im Internet wie auf Mailinglisten relativ einfach möglich. „Ganz zu Anfang haben wir ein altes Wahlverfahren aus dem Usenet kopiert“, bemerkt Jens Hoffmann. Im Usenet wurden beispielsweise Entscheidungen über die Entstehung neuer Diskussionsgruppen, Abschaffung dieser oder Änderung von Richtlinien in geregelten Verfahren abgestimmt. Dem standardisierten Request for Discussion (RfD) folgte ein sogenannter Call for Votes (CfV), in welchem innerhalb von drei bis vier Wochen (mit einwöchiger Einspruchsfrist) beispielsweise über die Einführung eines neuen Diskussionsforums entschieden wurde. Der Wahlzeitraum betrug laut Wahl- und Abstimmungsordnung des VOV vierzehn Tage bei Wahlen und Satzungsänderungen und sieben Tage in allen anderen Fällen. Die Frist für den Einspruch betrug dann aber ganze zwei Wochen [2].

Operation KISS (keep it simple, stupid) [3]

So kam man im Usenet zu dem Ergebnis: „Nach dem Ende des Abstimmungszeitraums werden die Stimmen ausgewertet. Im Ergebnisposting wird bekannt gegeben, wie viele Stimmen für jede Variante abgegeben wurden und ob damit die Hürden der Einrichtungsrichtlinien überschritten wurden“, erklärten Boris Piwinger und Elmar Bins in ihrem Buch über Newsgroups, „[d]azu wird eine Liste aller Abstimmenden mit Nennung der Wahlentscheidung veröffentlicht“ [4].

Langjähriger Wahlleiter des VOV, Jens Hoffmann, wusste, wie man das System "austricksen" kann © Petra Tursky-Hartmann
Langjähriger Wahlleiter des VOV, Jens Hoffmann, wusste, wie man das System „austricksen“ kann © Petra Tursky-Hartmann

Die Vorstandswahlen (und Personenwahlen im Allgemeinen) erforderten jedoch ein Mindestmaß an Anonymität, Vertraulichkeit – und Integrität. Eine offene Abstimmung per E-Mail wäre den demokratischen Prinzipien einer freien und geheimen Wahl nicht gerecht – und war im Virtuellen Ortsverein einfach nicht erwünscht. Ein Wahlsystem musste her.

Die Lösung für die VOV-Wahlen überzeugt heute immer noch durch ihre Einfachheit: „Nun könnte jeder eine Mail mit seiner Stimme an den Wahlleiter schicken. Der zählt dann und veröffentlicht das Ergebnis“, erklärt der langjährige Wahlleiter des VOV, Jens Hoffmann. So weit, so gut. Doch ab dann wurde es kompliziert, denn das Ergebnis einer so durchgeführten geheimen Wahl wäre nicht a posteriori validierbar, „der Wahlleiter könnte ja Stimmen falsch zuordnen, oder einfach noch paar Stimmen mehr erzeugen oder, oder, oder …“, erinnert sich Jens. „Wir brauchten also ein Wahlverfahren, das geheim und nachvollziehbar war.“

„Jeder Wahlberechtigte musste in die Lage versetzt werden, seine Stimmabgabe (a posteriori) zu prüfen. So konnte der Wähler etwaigen Manipulationsversuchen selbst auf die Spur kommen. Die Grundidee war recht einfach. Abgestimmt wurde via E-Mail. „Jeder Wähler hat seine Stimme mit einem Kennwort markiert“, erklärt Jens das Prozedere. Sobald alle Wähler ihre Stimmen an den Wahlleiter schickten, hatte dieser das Ergebnis veröffentlicht und statt des Namens das (gewählte) Kennwort angegeben. „Jeder konnte nach seinem Kennwort suchen und prüfen, ob seine Stimme richtig aufgenommen wurde.“

"Wahlzettel" für die Personalwahl. Muster aus dem Jahr 1997.
„Wahlzettel“ für die Personalwahl. Muster aus dem Jahr 1997.

Dieses Wahlverfahren basiert auf der – heute auch in E-Commerce verbreiteten ‒ Idee der sogenannten Trusted Party. Und die „trusted authority“ bzw. „trusted third party“ war beim Virtuellen Ortsverein der Wahlleiter: „Bei diesem Verfahren bleibt der Wahlleiter jemand, der alle Stimmabgaben der Wähler kennt. Das Vertrauen in das Wahlverfahren war also grundsätzlich im Vertrauen in den Wahlleiter gegründet“, erklärt Jens die Idee. „Wir haben lange hin und her überlegt, die Köpfe heiß geredet, aber erstaunlicherweise fanden wir kein Verfahren, das nicht an irgendeiner Stelle dasselbe Vertrauenslevel erforderte wie das, welches dem Wahlleiter entgegengebracht wurde.“

20 Jahre Online-Wahlen!

Der Virtuelle Ortsverein hat die Modalitäten für die Onlinewahlen – Personenwahlen, CfVs und RfDs – in einer Wahl- und Abstimmungsordnung festgelegt. Diese sollte eigentlich nur so lange gelten, „bis sichere Verfahren für eine geheime Abstimmung (Wahlmaschine) entwickelt und eingeführt worden sind“ [5]. Tatsächlich hat sich bis heute kein elektronisches Wahlverfahren durchsetzen können. Die Komplexität der Hardware und der Software scheint bei jeder weiteren Lösung zwar zu steigen, doch das erschwert offenbar nur noch die Umsetzung der Mindestvorgaben für Sicherheit, Datenschutz und Anonymität für geheime, allgemeinzugängliche und gleiche Wahlen.

In diesem Jahr „könnten wir vielleicht sogar noch 20-jähriges Jubiläum der Onlinewahlen in Deutschland feiern“, bewertet Axel Schudak das VOV-Experiment. Doch er schränkt dabei ein, dass er „Wahlen, in denen konkrete Macht verteilt wird, weder Wahlmaschinen noch einem Onlineverfahren anvertrauen möchte“. Axel war fast sieben Jahre der Wahlleiter des VOV und hat Onlinewahlen in der Autopsie erprobt. Es gibt nicht viele Menschen, die auf diesem Gebiet so viel Erfahrung vorweisen können. „Wahlmaschinen aller Couleur stehen nicht umsonst unter sehr kritischer Beobachtung der IT-affinen Community“, kommentiert der ebenfalls langjährige Wahlleiter, Jens Hoffmann.

Eine Sache musste trotzdem auch in der virtuellen Welt noch geklärt werden.

Wie prüft man in einem solchen – virtuellen ‒ Wahlsystem nun, ob die Wähler wahlberechtigt sind? „Dazu braucht es ein Wählerverzeichnis“, erklärt Jens Hoffmann. „Jedes Mitglied des VOV meldete sich schriftlich an und wurde dann mit Mailadresse registriert, auf dem VOV-Server gespeichert, und der Schriftführer konnte dem Wahlleiter zu jeder Wahl eine Liste der berechtigten E-Mail-Adressen geben.“ So wurde sichergestellt, dass nur VOV-Mitglieder an den Wahlen und Abstimmungen teilnehmen. Der Wahlleiter hat parallel mit dem Wahlergebnis eine alphabetische Liste der Wahlteilnehmer getrennt veröffentlicht [6]. „Das funktionierte so weit ganz ordentlich und war dann während des ganzen Lebens des VOV das Wahlverfahren“, konstatiert Jens.

Das schriftliche Offline-Anmeldeverfahren war für die „Virtuellen“ zwar unüblich, hatte aber einen wichtigen Zweck. Es stellte das Prinzip „one man one vote“, oder besser gesagt: ein Mann – eine E‑Mail-Adresse – eine Stimme, für die Onlinewahlen sicher. Einige der VOV-Mitglieder sind sich tatsächlich nie persönlich begegnet. Und diejenigen, die sich öfters begegnet sind, wussten offenbar, das Verfahren umzugehen. Jens Hoffmann erzählt dazu gerne eine Anekdote: „Ich selber habe mich nie schriftlich angemeldet. Ob es mich gibt, haben dann nur verschiedene Genossen in Real Life feststellen können.“ Diesen „Strickfehler“ hat er natürlich nie öffentlich erwähnt. J

YAOTM (yet another off-topic message)? Aber nur auf den ersten Blick.

Möglicherweise hatte Hans-Jochen Vogel recht damit, dass man im Internet nie Plakate wird kleben können. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass man sich nicht die Frage gestellt hat, ob man für virtuelle Plakate überhaupt noch so etwas wie Kleber braucht. Oder ob man im Internet noch so etwas wie Plakate braucht. Heute kann man das Internet für allerlei Unnützes benutzen. Man kann sich beispielsweise per Internet Platz in den Warteschlagen zu den wichtigeren Anhörungen des US-Kongresses sichern. Und zwar, indem man die Dienstleistungen einer Online-Firma bucht, die wiederum Arbeitslose dafür bezahlt, sich für die Lobbyisten und Industrievertreter vor den wichtigeren Anhörungen in die Schlange vor dem Kongress anzustellen [7]. Ob dies nun ethisch, moralisch und demokratisch ist (aus der Sicht des Kapitalisten spricht offenbar nichts dagegen, jemanden fürs Schlangestehen zu bezahlen, nur handelt es sich im Fall des US-Kongresses nicht um einen Supermarkt), sei dahingestellt. Doch es steht fest – ja, auch Schlangestehen für den Kongress kann über eine Webseite gebucht werden. Ob es Sinn macht, ob man dazu wirklich eine fortgeschrittene Technologie wie das Internet braucht, oder ob das demokratische Gemeinwohlprinzip entwertet und etwa gesellschaftliche Praxis korrumpiert, sind ganz andere Fragen. Fragen, über welche man möglicherweise nicht ernsthaft nachgedacht hat.

 

Der Virtuelle Ortsverein tat es.

 

Unbedingt lesen! Axel Schudak (2015). Online-Wahlen im VOV (31.3.2015)

 

[1] Tursky-Hartmann, P. 2015. „…das Internet für die politische Arbeit der SPD erforschen“. In: Virtueller-Ortsverein, https://virtueller-ortsverein.de/das-internet-fuer-die-politische-arbeit-der-spd-erforschen/, 27.4.2015 (Zugriff: 1.8.2015).

[2] Vgl. Pkt. III.2 der Wahl- und Abstimmungsordnung des VOV. In: WaybackMachine, http://web.archive.org/web/19961222172627/http:/vov.de/, 19.2.1997 (Zugriff: 1.8.2015)

[3] Einige der (heute teilweise ganz vergessenen) Abkürzungen sind hier zu finden: Piwinger, B. A. und Bins, E. K., 1997. Newsgroups. Weltweit diskutieren, S. 329.

[4] Piwinger, B. A. und Bins, E. K., 1997. Newsgroups. Weltweit diskutieren, S. 318.

[5] Vgl. Pkt. IV der Wahl- und Abstimmungsordnung des VOV. Ebenda.

[6] Vgl. Pkt. III.1 der Wahl- und Abstimmungsordnung des VOV. Ebenda.

[7] Vgl. Sandel, M. J., 2014. Was man für Geld nicht kaufen kann. Die moralischen Grenzen des Marktes.

Jan Mönikes (2015): Überblick über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Inhaltsverzeichnis

Übersicht über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Anders als insbesondere in den USA war der Stand der politischen Debatte der Parteien in Deutschland noch bis Mitte der 1990er einseitig auf die wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten und Gefahren der „schönen neuen Medienwelt“ begrenzt und konzentrierte sich auf Begriffe wie „Multimedia“ und „Datenautobahn“ und die erhofften oder befürchteten 500 (oder mehr) Fernsehkanäle. Erst 1995, wenn auch immerhin früher als in anderen Parteien, erweiterte sich als Folge interner inhaltlicher Auseinandersetzungen über einige kontroverse Entscheidungen und Positionen[1] auch in der SPD die politische Diskussion über das Telefon, Radio und Fernsehen der nächsten Generation um das Internet und die sich daraus ergebenden Dimensionen einer weitreichenden (auch gesellschaftlichen) Veränderung. Diese fraktionsinternen Auseinandersetzungen beförderten im Ergebnis die allgemeine Einsicht, die Informationslücken des Parlaments und den im internationalen Vergleich bestehenden Rückstand im Stand der politischen Diskussion systematisch durch eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages aufzuarbeiten.

1995: Errichtung der Enquete Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft

Vor nunmehr 20 Jahren beschloss der Deutschen Bundestag auf Antrag der SPD-Fraktion daher schließlich die Einrichtung der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft[2]. Die SPD verfolgte mit ihrem Antrag das Ziel, im Rahmen der Enquete die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Deutschland in vielen gesellschaftlichen Bereichen von den Chancen der Informationstechnologie profitieren würde. Die Kommission nahm zum 31.01.1996 ihre Arbeit auf und widmete sich bis zu ihrem Abschluss 1998 insbesondere der Frage, inwieweit neue Informations- und Kommunikationstechnologien Veränderungen innerhalb der Gesellschaft bewirken.

Ein Erster Zwischenbericht[3] dokumentiert den Versuch der Kommission, zu ergründen, wie sich sogenannte „neue Dienste“[4] auf die Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt und den Wettbewerb auswirken. Der Zweite Zwischenbericht beschäftigte sich unter der Überschrift „Neue Medien und Urheberrecht“[5] u.a. mit Fragen wie erweiterte Verwertungsrechte, Urheberpersönlichkeitsrecht, Urhebervertragsrecht und der Verantwortlichkeit von Service-Providern. Der Dritte Zwischenbericht mit „Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter“[6] Medienwirkungsforschung und Feldern multimedialen Jugendschutzes wie Computerspiele, Internet und digitales Fernsehen, Medienpädagogik. Der Vierte Zwischenbericht „Sicherheit und Schutz im Netz“[7] mit den Themen Sicherheit in der Informationstechnik, Datenschutz, Strafrecht. Der Fünfte Zwischenbericht[8]  schließlich mit „Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft“.

Trotz eines weitgehend ergebnisoffenen Umgangs mit den Themen gelang es den Teilnehmern aus den Reihen von CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und SPD nicht immer, eine einheitliche Linie zu finden. Es bestand jedoch grundsätzliche Einigkeit darin, dass bestehende Rechtsunsicherheiten und tatsächliche Hürden im Bereich Informationstechnologie beseitigt werden müssten, um das Angebot neuer Dienste zu fördern. Neben inhaltlichen Kontroversen, z.B. über die Zukunft des dualen Rundfunksystems, gab es jedoch schon keine gemeinsame Position hinsichtlich der Frage, auf welche Bereiche sich die Arbeit und die Empfehlungen der Kommission erstrecken sollten: Für die SPD fiel das Verständnis, dass die Mehrheit der anderen Teilnehmer von Informations- und Kommunikationstechnologien und deren Auswirkungen vertraten, zu eng aus. Vor allem die CDU/CSU vertrat dagegen die Ansicht, politische Empfehlungen der Kommission sollten sich allein auf medienpolitischen Kontext beschränken. Die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollten sich diesem engen Verständnis jedoch nicht anschließen, so dass sie Sondervoten im Rahmen des offiziellen Abschlussberichtes[9] abgaben, der sich auf Vorarbeiten beziehen konnte, die parallel zur „offiziellen“ Enquete-Kommission gefertigt wurden[10].

Aus dem Votum der SPD geht hervor, dass neue Technologien nicht nur im engen medienpolitischen Bereich von Bedeutung sind, sondern in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssten. Mit anderen Worten: Technologische Entwicklungen dürften nicht im „leeren Raum“ diskutiert werden, sondern im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung. Durch die neuen Entwicklungen im Bereich Informationstechnik sollte nach Auffassung der SPD eine Modernisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft eintreten. Die Chancen der neuen Technologien für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wurden insgesamt höher als die Risiken eingeschätzt. Insgesamt trägt die SPD somit den Schlussbericht der Kommission, dass Deutschland vor allem in wirtschaftlicher aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht von dem Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft profitieren kann, sofern die wesentlichen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Aufbauend auf den Arbeiten und den Erkenntnissen während der Enquete-Kommission hat die SPD in den darauffolgenden Jahren im Zusammenhang eine ganze Reihe von Initiativen zur Netzpolitik gestartet und vor allem Anträge in den Bundestag eingebracht, die darauf abzielten, die Entwicklung und Verbreitung neuer Informationstechnologien fördern. Zu diesen Initiativen zählen nicht nur direkte Förder- und Ausbauprogramme sondern auch Anträge, die das Vertrauen in diese Technologien schützen sollen.

Die Arbeit der Enquete-Kommission mündete in die Einrichtung des Ausschusses für “Kultur und Medien” und des Querschnittgremiums „Unterausschuss Neue Medien“. Dabei prägten die während der Zeit der Enquete-Kommission geleisteten Vorarbeiten bis 2009 weitgehend die Grundlinien der „Netzpolitik“ der SPD auf Bundesebene.

Nach dem 11. September 2001 rückte jedoch auch innerhalb der SPD zusehends eine Betrachtung ins Zentrum, die die Entwicklung und Nutzung neuer Informationstechnologien vor allem in den Zusammenhang mit der inneren Sicherheit und/oder der Verfolgung von Straftaten stellte. Sie fand ihren Höhepunkt in der Verabschiedung von bis heute heftig umstrittenen Regelungen zur Auslandskopfüberwachung, der Vorratsdatenspeicherung, der heimlichen Online-Durchsuchung und schließlich der Webseiten-Sperre.

Einzelne Themenbereiche und Initiativen:

Die wenigen „Internetpolitiker“ in der SPD-Bundestagsfraktion und der Partei vernetzten sich früh schon über enge persönliche Kontakte und  nutzten  zudem Diskussionsplattformen wie den „Virtuellen Ortsverein der SPD“ um sich vertrauensvoll über Themen auszutauschen und auf politische Ziele zu verständigen. Es kam so zu einer sehr produktiven Phase von Diskussionen, Texten und etlichen Anträgen im Deutschen Bundestag, die hier in einer Übersicht – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – kurz dargestellt werden sollen. Damals wie heute standen dabei Fragen des Schutzes der Persönlichkeit, der  Medienordnung, der veränderten Rolle des Staates im Mittelpunkt. Gemeinsam ist den aus dieser Zeit aber auch das spürbare Bemühen, sich dieses digitalen „Neulands“ – das es vor 20 Jahren politisch ja tatsächlich auch noch war – offen und mit einer grundsätzlich positiven Grundhaltung zu nähern, die Chancen zu betonen und Gefahren nicht nur als Risiken, sondern eben auch als Herausforderungen zu begreifen. Das höhere Ziel vieler netzpoliitischer Akteure in der SPD seit dieser Zeit: Für Fraktion und Partei auf Bundesebene Skizzen für eine Karte zu liefern, die klare Kursbestimmungen erlaubt, die auf ihre Grundwerte „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ orientiert sind.

Reform der Medien- und Kommunikationsordnung

Antrag : Reform der Medien- und Kommunikationsordnung für die Wissens- und Informationsgesellschaft verwirklichen[11]

Ziel des Antrags ist es, eine Medien- und Kommunikationsordnung zu entwickeln, die den Besonderheiten sowohl der „traditionellen“ als auch der Neuen Medien gerecht werden kann.

  • Zersplitterung der Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen überwinden.
  • Regelungen entwickeln, die der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der alten und neuen Medien gerecht werden.
  • verlässliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit für die Entwicklung von e-commerce schaffen. Notwendig ist eine Neukonzeption der Medien- und Kommunikationsordnung aber auch, um die
  • grundgesetzlich garantierte Kompetenz der Bundesländer für den Medienbereich auch langfristig
  • Sicherung der Position und der Funktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Informationsgesellschaft und ihrer Finanzierung.
  • verstärkter Nutzerschutz, der auch durch Maßnahmen zur Verbesserung des Jugendschutzes, zur Vergrößerung der Medienkompetenz auf Seiten der Nutzer und die Förderung von Medienethik auf Seiten der Anbieter und der Aufsichts- und Selbstkontrolleinrichtungen erreicht werden kann.
  • den politischen Prozess mit Hilfe der neuen Medien transparenter und die Erbringung staatlicher Dienstleistungen effektiver machen.

Initiative: Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts[12]

Die Initiative beruht auf der Annahme, dass die hohe Arbeitslosigkeit nur durch einen gelungenen Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft bewältigt werden kann. Die Chancen der Informationsgesellschaft sollen noch konsequenter zur Wissensproduktion, Wissensverwertung und für Beschäftigungszuwächse genutzt werden.

  • neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten schaffen bessere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Zusammenführung bisher getrennter Wirtschaftszweige und Verbreitung des Internets eröffnet Unternehmen den Zugang zu neuen Märkten.
  • Bildungseinrichtungen müssen besser mit Internetanschlüssen ausgestattet werden außerdem müssen höhere Übertragungsraten erzielt werden.
  • alle gesellschaftlichen Gruppen müssen an der Nutzung von Informationstechnologien in gleicher Weise teilhaben können.
  • Formulierung konkreter Ziele für 2005.

Initiative: Digitaler Rundfunk[13]:

Digitalisierung der Rundfunkübertragung schafft die notwendigen Voraussetzungen für das Zusammenwachsen von Informations-, Kommunikations-und Rundfunktechniken.

  • Öffnet neue Märkte für neue digitale Nutzungen und vielfältige innovative Prozesse.
  • Überwindung des Problems der Frequenzknappheit.
  • Die durch die Digitalisierung frei werdenden Frequenzen können für neue innovative Dienste genutzt werden.

Modernisierung des Datenschutzes, IT-Sicherheit und Verbraucherschutz

Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes[14]

Notwendig ist ein „neuer Datenschutz“ für die Informations- und Wissensgesellschaft von morgen.

Die bestehenden Datenschutzgesetze, die vor dem Hintergrund eines inzwischen weitgehend überholten Technikszenarios entstanden sind, das von zentralen Großrechneranlagen ausging, geraten angesichts der rasanten technischen Entwicklung – Stichworte Dezentralisierung und Vernetzung – immer mehr an ihre Grenzen

Das Vertrauen in neue Technologien muss gestärkt werden, um das wirtschaftliche Potenzial dieser Sparte zu nutzen.

Bei der Debatte um die Umsetzung der EU-Richtlinien in Deutschland darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, dass die Harmonisierung europäischer Datenschutzsysteme zwar einen wichtigen ersten Schritt darstellt, das mittelfristig jedoch weit über Europa hinausgehende Regelungen gefunden werden müssen.

Erst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in seiner datenschutzrechtlichen Ausprägung und die Sicherstellung des Informationszugangs garantieren und ermöglichen die Teilhabe der Menschen an der Gesellschaft.

Ein modernisiertes Datenschutzrecht solle auf eine Trennung zwischen öffentlichem und nicht-öffentlichem Bereich verzichten und wesentlich „verschlankt“ werden.

Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes:

In der Koalitionsvereinbarung heißt es: ‚Effektiver Datenschutz im öffentlichen und im privaten Bereich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokratische und verantwortbare Informationsgesellschaft. Die notwendige Anpassung des deutschen Datenschutzrechts an die Richtlinie der Europäischen Union soll kurzfristig umgesetzt werden.

  • Umsetzung der EG-Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in deutsches Recht
  • Gutachten : Grundlinien zur ‚Modernisierung des Datenschutzrechtes‘[15] formuliert Eckpunkte für eine grundlegende Reform

Antrag: Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechtes voranbringen[16]

Das bestehende Datenschutzrecht ist zu sehr am Konzept der räumlich abgegrenzten Datenverarbeitung fixiert. Der Datenschutz muss sich aber an den Herausforderungen einer dezentralen organisierten, aber miteinander, zumeinst auch weltweit vernetzten Datenverarbeitung stellen, in der die technischen Systeme auf mobilen Klein- und Kleinstrechnern installiert sind.

  • Datenschutz muss übersichtlich und transparent normiert werden
  • Datenschutz muss bei der Gestaltung von Produkten, die an der Verarbeitung persönlicher Daten beteiligt sind beachtet werden. (Privacy by Design)
  • Informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht der Informationsgesellschaft soll in das Grundgesetz aufgenommen werden.
  • Einführung eines Arbeitnehmerdatenschutzes
  • Opt-In soll als Grundsatz für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung gelten
  • Einführung von Selbstregulierungsmechanismen
  • Verbesserung der Durchsetzungskompetenzen der Kontrollstellen

Antrag: Sichere Informations- und Kommunikationsstrukturen gewährleisten[17]

Mit der zunehmenden Bedeutung elektronischer Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen für alle gesellschaftlichen Bereiche wächst zugleich das Bewusstsein um die neuen Gefahren, die mit den spezifischen Merkmalen elektronischer Datenverarbeitung in globalen Netzwerken einhergehen. Die Bundesregierung muss diesen Gefahren durch entsprechende Maßnahmen entgegen wirken. Dabei muss die Kryptofreiheit gewahrt bleiben.

Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen[18]

  • Verbraucher erhalten ein verbessertes Widerrufsrecht
  • Anrufer bei Werbeanrufen dürfen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken
  • Bekämpfung sogenannter Kostenfallen im Internet 

Antrag: Förderung von Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E-Business[19]

  • Bestehende Programme zur Förderung von Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E- Business sollen in einer gemeinsamen Strategie zusammen gefasst werden
  • In allen Bundesbehörden sollen diese Programme gleichförmig angewendet werden und sie sollen in die Gespräche mit den Ländern zu einer E-Government-Gesamtstrategie eingebracht werden. 

Digitale Spaltung überwinden

Antrag: Digitale Spaltung der Gesellschaft überwinden – Eine Informationsgesellschaft für alle schaffen [20]

Die Frage der Gewährleistung des Zugangs zu den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten (IuK) ist als die entscheidende Herausforderung der entstehenden Wissens- und Informationsgesellschaft anzusehen. Die Sicherstellung eines umfassenden gesellschaftlichen Zugangs zu neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten auf dem jeweils aktuellen technologischen Leistungsniveau und des Zugangs zu relevanten Inhalten, dem „Content“, bildet die zentrale Voraussetzung für die Aufhebung der digitalen Teilung.

  • digitale Spaltung muss verhindert werden, um einer daraus resultierenden Diskriminierung bestimmter Gruppen vorzubeugen
  • Kosten für die Internetnutzung sowie die Hardware müssen sind, da diese bislang eine Zugangsbarriere insbesondere für einkommensschwache Haushalte darstellen
  • an öffentlichen Orten müssen leistungsfähige Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bereitstehen
  • die Medienkompetenz muss im Schul-, Bildungs- und Weiterbildungssystem gefördert werden
  • Aufbau einer digitalen Bibliothek
  • Verbesserung der Online-Präsenz der öffentlich-rechtlichen Angebote

Antrag: Chancengleichheit in der globalen Informationsgesellschaft sichern- VN-Weltgipfel zum Erfolg führen[21]

Die Entwicklung der modernen Kommunikationstechnologien stellt die internationale Gemeinschaft vor die Herausforderung, auf die globale Chancengleichheit beim Zugang und der Nutzung dieser Kommunikationstechnologien hinzuwirken.

  • effektive globale Internetverwaltung an der demokratisch legitimierte Regierungen, Standardisierungsgremien, Betreiber und Diensteanbieter sowie Nutzer in gleicher Weise beteiligt sind.
  • hinsichtlich der Interverwaltung ist einer zivilen Nichtregierungsorganisation der Vorzug vor einer staatlichen Organisation zu geben
  • Entwicklungs- und Schwellenländer sind in verstärktem Maß an dieser Verwaltung zu beteiligen. Ihre Interessen sind bei der Verteilung von Domainnamen und IP-Adressen sowie hinsichtlich der Standorte der Rootserver zu beachten.
  • Kulturelle und sprachliche Vielfalt muss auch im Internet gewahrt und gefördert werden

Informationsfreiheit, e-Demokratie und e-Government

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)[22]

Das Gesetz soll das Verwaltungshandeln des Bundes durch erleichterten Informationszugang transparenter gestalten. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger werden gestärkt.

  • Anstelle des „Amtsgeheimniss“ tritt ein umfassender Auskunftsanspruch: „Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.“ (§ 1 Abs. 1, S. 1 IFG)
  • Das Informationsfreiheitsgesetz dient vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, denn In der modernen Informationsgesellschaft werden Informations-, Kommunikations- und Partizipationsanliegen der Bevölkerung immer wichtiger und verwaltungstechnisch immer leichter erfüllbar.
  • Die neuen Informationszugangsrechte verbessern die Kontrolle staatlichen Handeln und sind insofern auch ein Mittel zur Korruptionsbekämpfung.

Antrag: Deutschlands demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft[23]

Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik ist es, für den durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken vorangetriebenen Gesellschaftswandel solche Leitbilder zu formulieren, durch die sich die Informationsgesellschaft sozial verträglich und demokratisch entfalten kann.

  • Transparenz und Partizipation bei der Gestaltung der Informationsgesellschaft
  • Maßnahmen wie Zensur oder generelle Überwachung elektronischer Kommunikation dürfen für alle demokratischen Staaten grundsätzlich nicht in Frage kommen
  • Eine „Filterung“ öffentlicher Meinungsäußerung nach inhaltlichen Kriterien oder ein Verbot vertraulicher Kommunikation scheidet aus.

Antrag: e-Demokratie: Online-Wahlen und weitere Partizipationspotenziale der Medien nutzen[24].

Die Politik hat die Potenziale der neuen Informations-und Kommunikationsmöglichkeiten und die Herausbildung der globalen Informations- und Kommunikationsnetzwerke für die politische Kommunikation positiv aufzunehmen und in den Gestaltungsprozess einzubinden.

  • Wissens- und Informationsgesellschaft verändert die Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Medien und Politik.
  • e-Demokratie Projekt
  • Zugang als Mittel demokratischer Teilhabe
  • Anspruch der Bürger auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung (Informationsfreiheitsgesetz)
  • Stimmabgabe per Internet (so Abschlussbericht der Enquete-Kommission)

Antrag: Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern[25]

Die zunehmende Digitalisierung wird als wichtiger Faktor für wirtschaftliches Wachstum angesehen. Erforderlich ist jedoch, dass sowohl in Unternehmen als auch in der Verwaltung offene Standards zur Dokumentenverwaltung genutzt werden können.

  • Für alle Beteiligten muss der Austausch von Dokumenten und Daten zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern ohne große technische Hindernisse möglich sein. Die öffentliche Verwaltung muss besonderen Wert darauf legen, niemanden von der Beteiligung an einem elektronischen Verfahren aufgrund der Nutzung eines bestimmten Produktes auszuschließen.
  • Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und aus- reichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offengelegt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert werden.

Urheberrecht

Zwischenbericht der Enquete Kommission: Neue Medien und Urheberrecht[26]

Das bestehende Urheberrecht sollte nur zurückhaltend reformiert werden. Die bestehenden Herausforderungen können mit Hilfe einer Änderung der Rechtsprechung sowie durch Ergänzungen bewältigt werden.

  • die Regelung des § 53 UrhG (Recht zur privaten Vervielfältigung) sollte auch digitale Techniken umfassen
  • der digitale Abruf von Kopien aus öffentlichen Bibliotheken für wissenschaftliche und schulische Forschungszwecke soll nicht beschränkt werden.

Antrag: Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen [27]

  • Mit den anderen Fraktionen des Bundestages fordert die SPD, die EU Kommission auf, ihren Vorschlag für die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen zu überarbeiten.
  • Die Patentierbarkeit von Software sei zwar ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, eine zu weit gehende Patentierbarkeit von Computerprogrammen drohe sich jedoch negativ auf die Innovationsdynamik auszuwirken und zu neuen Rechtsunsicherheiten insbesondere für Open-Source-Konzepte zu führen.

Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums[28]

  • Das Gesetz dient der Verbesserung der Stellung der Rechtsinhaber beim Kampf gegen Produktpiraterie. Es soll einen Beitrag zur Stärkung des geistigen Eigentums leisten und dient der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG[29].
  • Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass Rechteinhaber gegenüber Dritten (z.B: Service Provider) einen Auskunftsanspruch auf Herausgabe der Daten des „Verletzers“ haben können.

Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computer-Kriminalität[30]

  • Mit diesem Gesetz wurden das Übereinkommen des Europarates über Computerkriminalität[31] und der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union über Angriffe auf Informationssysteme[32] in deutsches Recht umgesetzt.
  • Durch die Einführung des § 202c Strafgesetzbuch[33] (StGB) sollen bestimmte besonders gefährliche Vorbereitungshandlungen selbstständig mit Strafe bedroht werden.
  • Erfasst werden insbesondere die so genannten Hacker-Tools, die bereits nach der Art und Weise ihres Aufbaus darauf angelegt sind, illegalen Zwecken zu dienen, und die aus dem Internet weitgehend anonym geladen werden können. 

Innere Sicherheit und Strafverfolgung

Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG[34]

Durch das Gesetz erfolgte eine grundlegende Neuregelung des Rechts der verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, das in den §§ 98a bis 101, 110a bis 110e und 163d bis 163f StPO geregelt ist. Dabei sollten technische Weiterentwicklungen berücksichtigt werden.

Durch § 100a Abs. 4 StPO soll der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch bei der Telekommunikationsüberwachung gewährleistet werden.

Umgestaltung des § 100g StPO in eine Datenerhebungsbefugnis und die Erstreckung der Befugnis zur Durchsicht von Datenträgern auf mit diesen vernetzten – aber räumlich getrennten Speichermedien (§ 110 Abs. 3 StPO)

Zur Umsetzung der Richtlinie[35] zur „Vorratsspeicherung“ von Verkehrsdaten werden im Telekommunikationsgesetz (insbesondere in den §§ 113a, 113b TKG) Regelungen über entsprechende Speicherungspflichten sowie in der Strafprozessordnung (§ 100g StPO) Regelungen über darauf bezogene statistische Erhebungen und Berichtspflichten geschaffen.

Es wird am 9. November 2007 in namentlicher Abstimmung von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestags verabschiedet, am 26. Dezember 2007 von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet und trat mit dem 1. Januar 2008 in Kraft.

Inwieweit dieses Gesetz mit dem Grundgesetz verträglich ist, sollte durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht geklärt werden,[4] allerdings bestanden bereits bei der Ratifizierung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit.[5] Diese bestätigten sich schließlich auch durch Aufhebung des Gesetzes durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 02. März 2010 – 1 BvR 256/08.

Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt[36]

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Verbesserung der Möglichkeiten bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt. Das BKA erhält unteranderem folgende Kompetenzen:

Rasterfahndung: Das Bundeskriminalamt kann von öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen die Übermittlung von personenbezogenen Daten von bestimmten Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhalt im öffentlichen Interesse geboten ist, erforderlich ist. (§ 20j Abs. 1, Satz 1)

Verdeckter Einsatz in informationstechnische Systeme : Das Bundeskriminalamt darf ohne Wissen des Betroffenen mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. (§ 20k Abs. 1)

Überwachung der Telekommunikation: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen die Telekommunikation einer Person überwachen und aufzeichnen, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20l Abs. 1)

Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten und Nutzungsdaten: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 und § 113a des Telekommunikationsgesetzes) erheben wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20m, Abs. 1)

Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und –endgeräten: Das Bundeskriminalamt kann unter den Voraussetzungen des § 20l Abs. 1 durch technische Mittel

  1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie
  2. den Standort eines Mobilfunkendgeräts ermitteln.

Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen[37]

Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung von Diensteanbietern, die den Zugang zu Kommunikationsnetzen vermitteln (Zugangsvermittler), technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kinderpornografischen Internetangeboten zu erschweren.

Sperrliste: Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornografie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu ver- weisen (§ 8a Abs. 1 TMG)

Stoppmeldung: Die Diensteanbieter leiten Nutzeranfragen, durch die in der Sperrliste aufgeführte Telemedienangebote abgerufen werden sollen, auf ein von ihnen betriebenes Telemedienangebot um, das die Nutzer über die Gründe der Sperrung sowie eine Kontaktmöglichkeit zum Bundeskriminalamt informiert. (§ 8a Abs. 4 TMG) 

Internet-Infrastruktur:

Antrag: Erweiterung des Adressraums im Internet[38]

  • Auch wenn das Internet global strukturiert ist, zeigt sich wegen des großen Erfolges dieser und anderer nationaler Adressierungen inzwischen weltweit ein Trend, die Adressierung auf Ebene der Top-Level-Domains weiterzuentwickeln
  • Neben den bekannten Adressen wie „.com“, „.org“ und den nationalen Adressen wie „.de“ wird der Adressraum um regionale Adressierung erweitert, um stärkere lokale und regionale Nutzung zu fördern bzw. homogene Märkte und Nutzungsräume schon auf Ebene der Top-Level-Domains sichtbarer und erkennbarer zu machen.
  • Diese Entwicklung bietet für Deutschland große Chancen und für die Bundesländer, Regionen und Städte, sich noch stärker als bisher in ihrer Eigenheit wirtschaftlich und kulturell weltweit präsentieren zu können. Die SPD-Fraktion unterstützt daher ausdrücklich Initiativen für neue Namensräume wie „.berlin“ oder „.nrw“.

III. 2010: Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“[39]

Mit dem Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005 fand die erste, sehr produktive Phase parlamentarischer Beschäftigung mit den Auswirkungen des Internet aus Politik und Gesellschaft in der SPD ein vorläufiges Ende. Die Zeit der darauffolgenden Koalition der SPD mit CDU/CSU zeichnete bereits ein zwiespältiges Bild, obwohl die in der Netzpolitik handelnden Personen weitgehend gleich geblieben waren.

Innerhalb der SPD rückte der Gedanke des „Schutzes“ dennoch wesentlich stärker in den Mittelpunkt. Bei Gesetzesinitiativen wie der Vorratsdatenspeicherung oder der „Websperre“ sollte dieses vorrangig durch Einschränkungen allgemeiner Freiheit durch Strukturen der Überwachung realisiert werden. Hiergegen wendete sich eine zunehmende Zahl von Mitgliedern in der SPD und vor allem viele jüngere Anhänger sozialdemokratischer Netzpolitik, was beim Thema Websperren beispielsweise in einen Initiativantrag für den SPD-Bundesparteitag mündete[40]. In diesem verlangte die Parteibasis von ihrer Fraktion im Bundestag nicht mit dem Koalitionspartner für die von Ursula von der Leyen vorgelegte Gesetzesinitiative zu stimmen, da sie hier „eine rote Linie“ überschritten sah. Eine Aussprache zu diesem Thema auf dem Bundesparteitag verhinderte jedoch das Parteitagspräsidium unter dem späteren Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas[41], so dass – anders als bei der Fraktion von Bündinis90/Grüne, die sich nach einem entsprechenden Beschluss ihres Parteitages nicht mehr zur Zustimmung zu dem Gesetz in der Lage sah – die überwiegende Zahl der Abgeordneten der SPD diesem Gesetz zustimmten.

In der Folge erreichten die Proteste den von den Netzpolitikern in der SPD vorhergesagten Höhepunkt: Mehr als 130.000 Bürger unterschrieben eine gegen das Gesetz gerichtete Petition und die „Piratenpartei“ wurde aufgrund ihrer Umfrage- und Wahlergebnisse kurzfristig als ernsthafte politische Herausforderung der etablierten Parteien wahrgenommen. In der Folge schwand die öffentliche Zustimmung zu dem gerade erst in Kraft getretenen Gesetz so sehr, dass die nach den Wahlen 2009 regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP die Aufhebung des Gesetzes schließlich selbst betrieb und dieses am 1. Dezember 2011 nahezu einstimmig aufgehoben wurde[42].

Auch wenn die SPD nach ihrer Wahlniederlage Nachbesserungsbedarf erkannte[43], die Phase, in der vor allem die SPD als fortschrittliche „Netzpartei“ in Deutschland wahrgenommen wurde, war 2010 vorüber – die Glaubwürdigkeit ihrer Protagonisten in der „Community“ langfristig schwer beschädigt.[44]

Die Koalition aus CDU/CSU und FDP erkannte die sich auftuende politische Lücke[45] und kündigte im Januar 2010 die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ an. In der Presseerklärung hierzu heißt es:

„Der Staat muss Rahmenbedingungen setzen, um das Internet als freiheitliches Medium zu schützen sowie seine Funktionsfähigkeit und Integrität zu erhalten und zu fördern. Für Bürgerinnen und Bürger, für Wirtschaft und Wissenschaft ist ein freier, ungehinderter Zugang zum Internet von großer Bedeutung und entscheidet mit über den Wohlstand eines Landes. Die Entfaltung der Freiheitsrechte, im besonderem Maße das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, müssen im digitalen Zeitalter gewahrt und ihre Durchsetzbarkeit gesichert werden.“[46]

Diese Enquetekommission beschäftigte sich in 3 Jahren Arbeit und fast 2.000 Seiten Abschlussbericht leider wieder mit Themen, die bereits in der vorangegangenen Expertenrunde abgearbeitet wurden. Darunter:

  • die „Stärkung der Medienverantwortung“ von Anbietern und Nutzern,
  • die „Erhaltung und Sicherung von Medien- und Meinungsvielfalt“,
  • die „Förderung der Medienkompetenz“ in Bildungseinrichtungen und
  • die „Gewährleistung einer vertrauenswürdigen und sicheren Internet-Infrastruktur“[47]

Nun mehr erklärte auch die CDU/CSU Fraktion, dass sich das Thema Informationstechnologie nicht isoliert von gesellschaftlichen Entwicklungen diskutieren lässt. Schon in ihrem Antrag heißt es: „Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich im und mit dem Internet statt.“[48]

Auch wenn jede Auseinandersetzung zum Thema „Netzpolitik“ zu begrüßen ist, so kam die politische Einsicht, dass das Internet Teil des Lebens geworden ist, damals schon um einige Jahre zu spät. Diese Annahme sollte taugt nicht mehr als Ausgangspunkt für eine neue Debatte. Sinnvollerweise hätte die neue Enquete-Kommission daher sicherlich besser dort weitergemacht, wo die letzte Kommission aufgehört hatte und die seitherige Entwicklung kritisch untersucht und grundlegende Positionen weiterzuentwickeln. Stattdessen wurden in weiten Teilen ihrer Arbeit bereits geführte Debatten nur noch einmal in anderer Zusammensetzung und neuen Überschriften wiederholt.

So gelangte diese Enquete daher erwartungsgemäß auch nur zum Teil zu neuen Erkenntnissen und einigte sich nur auf wenige Punkte[49]:  Selbst die von den Sachverständigen fraktionsübergreifend beschlossenen zentralen Handlungsempfehlungen jedoch fanden in den Koalitionsverhandlungen 2014 kurz darauf aber schon keine Mehrheit[50].  Und im Zuge der Enthüllungen von Edward Snowden zur massenhaften Überwachung der NSA auch in Deutschland erklärte die CDU-Vorsitzende Kanzlerin Merkel noch 2013 „Das Internet ist für uns alle Neuland“[51].

Der SPD ist es in der Rückschau mit ihren Initiativen in den ersten 15 Jahren „Netzpolitik“ somit zwar gelungen, das Thema „Internet“ in den zutreffenden Zusammenhang als ein wesentlicher Treiber gesellschaftlichen Wandels einzuordnen und die Diskussion darüber in ihrer Breite zu befördern. Netzpolitik ist heute als etablierter Teil allgemeiner Politik „angekommen“[52].

Anders aber als es noch in den ersten Jahren erschien, ist es der SPD auch nicht in der wichtigen Phase bis zum Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005, aber auch danach (noch) nicht gelungen, auch für sich selbst einen festen Grund zu erarbeiten, der es ihr ermöglichen würde, auch in rauer politischer See oder als „Juniorpartner“ in großen Koalitionen in heiklen Fragen etwa des „Schutzes“ und der „Sicherheit“ im Zweifel einen klaren Kurs in Richtung ihres Grundwertes „Freiheit“ zu halten. Zuletzt am überraschenden Kurswechsel von Sigmar Gabriel und Heiko Maas in der Frage der Vorratsdatenspeicherung[53] wurde vielmehr deutlich, warum sich die SPD in diesem wichtigen neuen Politikfeld daher immer wieder mit dem Vorwurf fehlender Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit konfrontiert sieht.

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[1] Bspw. wegen den Formulierungen der Anfrage „Multimediale Kommunikation – Stand und Perspektive der Entwicklung in Deutschland“ in BT-Drs. 13/958 und der Positionen zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes

[2] Schlussbericht der Kommission BT-Drs. 13/ 11004 vom 22.06.1998; Sh.: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf.

[3] BT-Drs.: 13/6000 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/060/1306000.pdf.

[4] Als neue Dienste gelten Online-Angebote, Elektronische Dienstleistungen, Teleshopping, On-Demand-Dienste und Electronic Publishing.

[5] BT-Drs. 13/8110  http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf

[6] BT-Drs. 13/11001

[7] BT-Drs. 13/11002

[8] BT-Drs. 13/11003

[9] Abschlussbericht BT Drs. 13/11004, S. 114 ff. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf

[10] Diese sind im wesentlichen dokumentiert in Tauss/ Kollbeck/ Mönikes (Hrsg.) „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, Nomos, Baden-Baden 1996

[11]BT-Drs. 14/ 8649 vom 21. 03. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/086/1408649.pdf.

[12] Aktionsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahr 1999; Sh.: http://www.bmbf.de/pub/inno21d.pdf.

[13] Bericht BT-Drs. 13/11380 vom 24.08.1998; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/113/1311380.pdf.

[14] Vogt/Tauss: Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes Sh.: http://jaccomat.net/net/jtauss/dl/eckpunktedatenschschutztaussvogt1998.pdf.

[15] Gutachten im Auftrag des Bundes Innenministeriums aus dem Jahr 2002; Sh: http://www.dud.de/documents/modernisierung-dsrecht.pdf.

[16] BT-Drs 14/9709 vom 03. 07. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/097/1409709.pdf.

[17] BT-Drs. 14/9683 vom 03.07.2002; Sh.:http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/096/1409683.pdf.

[18] Entwurf BT-Drs. 16/10734 vom 31.10.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[19] BT-Drs. 16/13618 vom 01.07.2009, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[20] BT-Drs 14/6374 vom 20.06.2001; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/063/1406374.pdf.

[21] BT-Drs. 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[22] Entwurf: BT-Drs. 15/4493 vom 14.12.2004; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504493.pdf.

[23] BT-Drs. 13/5197 vom 27.06.1996; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/051/1305197.pdf.

[24] BT-Drs. 14/8098 vom 29.01.2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/080/1408098.pdf.

[25] BT_Drs 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[26] BT-Drs 13/8110 vom 30.08.1997; Sh.:. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf.

[27] BT-Drs. 15/4403 vom 12.04.2004, Sh: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504403.pdf.

[28] Regierungsentwurf, Sh.: http://www.bmj.bund.de/files/-/1727/RegE%20Durchsetzungsrichtlinie.pdf.

[29] Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, Sh.:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:157:0045:0086:DE:PDF.

[30] Sh.: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl107s1786.pdf.

[31] Sh.: http://conventions.coe.int/treaty/ger/treaties/html/185.htm.

[32] Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:069:0067:0071:DE:PDF.

[33] § 202c Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten

(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er

  1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
  2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

[34] Gesetzesentwurf, Sh.: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2007/0275-07.pdf.

[35] Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:105:0054:0063:DE:PDF

[36] Gesetzesentwurf: BT-Drs. 16/9588 vom 17.06.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/095/1609588.pdf.

[37] Entwurf BT-Drs. 16/12850 vom 05.05.2009; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/128/1612850.pdf. (Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten.)

[38] BT-Drs. 16/4564 vom 07. 03. 2007; Sh. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/045/1604564.pdf.

[39] Antrag, Sh.: http://www.carta.info/docs/EnqueteAntrag.pdf.

[40] Bericht des Spiegels: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/internet-sperren-spd-basis-rebelliert-gegen-anti-kinderporno-gesetz-a-629919.html

[41] S. 89, Protokoll des a.o. Parteitags Berlin 2009  http://www.spd.de/linkableblob/1792/data/protokoll_und_beschluesse_bundesparteitag_berlin_2009.pdf ; http://www.heise.de/newsticker/meldung/SPD-Parteitagsantrag-gegen-Gesetz-zu-Web-Sperren-gescheitert-181378.html

[42]Protokoll der 146. Sitzung des Deutschen Bundestages  http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17146.pdf

[43] http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=118

[44] Vgl. statt vieler B. Gürkan, http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/ oder M. Beckedahl: http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/

[45] http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/internetpolitik-schwarz-gelb-sucht-naehe-zur-netzgemeinde/1670888.html

[46] Sh.: http://www.cducsu.de/Titel__koalition_will_enquete_kommission_internet_und_digitale_gesellschaft/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__14574/Inhalte.aspx.

[47] Sh.: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,671781,00.html.

[48] AaO. 39.

[49] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internet-enquete-fordert-ausschuss-und-minister-a-895256.html

[50]Gesamtanalyse:  https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2014/06/Netzpolitik-in-Deutschland.pdf

[51] http://www.zeit.de/digital/internet/2013-06/merkel-das-internet-ist-fuer-uns-alle-neuland

[52] http://www.parlamentarische-linke.de/wp-content/uploads/2015/01/PL_Reader_NetzPol.pdf

[53] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-will-schnell-gesetz-zur-vorratsdatenspeicherung-vorlegen-a-1024645.html

Dr. Boris `pi´Piwinger (1997): Frequently Asked Questions zum Virtuellen Ortsverein der SPD (VOV)

1)  Wer sind wir?

Der Arbeitskreis Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Internet – so der offizielle Name des Virtuellen Ortsvereins der SPD (VOV) – ist ein Zusammenschluss von Netzteilnehmern, die der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) angehoeren oder ihr nahestehen. Der VOV ist als Arbeitskreis vom Parteivorstand anerkannt.

Gegruendet wurde der VOV auf Anregung und mit intensiver Beteiligung des SPD-Bundestagsabgeordneten Joerg Tauss.

Anders als richtige Ortsvereine definieren wir uns jedoch nicht als regionale Einheit der SPD, sondern bedingt durch unser Medium – das weltumspannende Computernetz Internet (und angeschlossene andere Computernetze) – als Gruppe, die dieses neue Medium zu einer neuen Form der politischen Arbeit nutzen moechte.

Im VOV versammeln sich:
+  Genossinnen und Genossen, die diese neue Arbeitsform neben ihrer traditionellen Parteiarbeit weiterentwickeln wollen
+  Genossinnen und Genossen aus der ganzen Welt, die in der SPD mitarbeiten moechten, jedoch durch die traditionellen Formen der politischen Willensbildung nicht angesprochen werden
+  Nicht-SPD-Mitglieder, die sich mit den Zielen der SPD und des VOV identifizieren koennen

2)  Was wollen wir?

Unsere besondere politische Aufmerksamkeit gilt der Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, ihren sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie ihren Konsequenzen auf die parteiinterne Willensbildung.

Wir wollen selbst virtuelle Organisations- und neue elektronische Kommunikationsformen entwickeln und erproben.

3)  Wo sind wir?

Die Mitglieder des VOV kommunizieren ueber automatische Mailverteiler miteinander. Diskussionen ueber aktuelle politische Themen fuehren die Mitglieder des VOV neben den Mailinglisten hauptsaechlich in der Newsgroup de.org.politik.spd (dops), aber auch in de.soc.politik, de.soc.netzwesen, de.soc.recht.misc, de.soc.zensur, …

Weitere Informationen, sowie offizielle Statements des VOV zu relevanten Themen finden sich im WWW unter http://vov.de/. Allgemeine Informationen zur SPD finden sich unter http://www.spd.de/.

4)  Wie arbeiten wir?

Nach guter demokratischer Gepflogenheit stellen die VOV-Mitglieder ihre Gedanken und Ideen im Netz zur Diskussion. Handelt es sich um den Entwurf eines Antrages, wird der moegliche Antragstext als Diskussionsaufruf (RfD =3D Request for Discussion) verschickt. Ueber den Antrag wird danach abgestimmt — elektronisch natuerlich. Der Wahlleiter verschickt im Auftrag des Antragstellers einen Wahlaufruf (CfV =3D Call for Votes) unter Angabe des Abstimmungstextes, moeglicher Antworten und des Abstimmungszeitraumes. Jedes VOV-Mitglied kann dann durch eine Mail an den Abstimmungsaccount waehlen; das Ergebnis wird ueber den Mailverteiler bekannt gegeben und ggf. in den Newsgroups und im WWW oeffentlich gemacht.

Der Vorstand des VOV setzt sich aus dem Vorsitzenden und Verantwortlichen fuer spezielle Aufgaben zusammen:
+  Vorsitzender: Heino Prinz <vov-v…@nord.de>
+  Postmaster (Verwaltung der Mailing-Listen des VOV und Ansprechpartner bei eMail-Problemen): Ulrich Kortenkamp <vov-pos…@nord.de>
+  Pressesprecher (Darstellung des VOV in der und Kontakte zur Presse): Arne Brand <vov-p…@nord.de>
+  Schriftfuehrer (Mitglieder- und Waehlerverzeichnis, Versand der Anmeldeunterlagen, Mitgliederstatistik): Hartmut Hambach <vov-schri…@nord.de>
+  Usenet-Betreuer (Koordination der Aktionen im Usenet, FAQ): Boris ‚pi‘ Piwinger <vov-u…@nord.de>
+  Verbindungsperson Bonn (Koordination mit und Kontakt zu Partei-
vorstand, Bundestagsfraktion und anderen Bonner Institutionen): Joerg Tauss und Boris ‚pi‘ Piwinger <vov-p…@nord.de>
+  Wahlleiter (ordnungsgemaesse Durchfuehrung von Wahlen und Abstimmungen): Axel Schudak <vov-wah…@nord.de>
+  WWW-Betreuer (Redaktion der VOV-Seiten): Alexander Stirn <vov…@nord.de>

Der Vorstand wird durch einige Projektleiter unterstuetzt:
+  Beitragstabelle der SPD: Thomas Schild
+  Computer in die Schulen: Christine Knieriemen
+  Informationsstaende: Arne Brand <vov-inf…@nord.de>
+  Parteireform/Mitgliederentwicklung: Boris von der Linde
+  Reduzierung des Wahlalters: Olaf Abdinghoff
+  Sozialabbau — Bekaempfung der Arbeitslosigkeit: Karl-Friedrich Probst
+  Vernetzung der SPD: Dirk Bachhausen

Als Schirmherrin konnten wir Herta Daeubler-Gmelin gewinnen.

5)  Wer ist dabei?

Die Mitglieder des VOV sind Menschen aus der ganzen Welt. Viele sind darueber hinaus Mitglieder der SPD und einige davon arbeiten auch in regionalen oder ueberregionalen Gremien der Partei mit.

Der VOV hat derzeit mehr als 500 Mitglieder, wovon leider nur ca. 6% weiblich sind. Ein gutes Viertel der Mitglieder ist unter 30 Jahre alt, gute 30% sind ueber 40. Etwa 85% der VOV-Mitglieder geben an, in der SPD zu sein, davon ueber 70% seit mehr als fuenf Jahren.

Mitglieder des VOV, die dies ausdruecklich wuenschen, werden in eine VOV-oeffentliche Mitgliederliste aufgenommen. Zusaetzlich gibt es eine Liste von Mitglieder-Homepages auf dem VOV-Server.

6)  Wer kann Mitglied werden?

Jeder, der ueber eine international erreichbare eMail-Adresse <name@domain> verfuegt und der sich zu den Grundwerten und Grundsaetzen der SPD bekennt.

7)  Wie werde ich Mitglied im VOV?

+  Wer in den VOV eintreten will, fuellt einfach das Anmeldeformular auf dem VOV-Server (http://vov.de/anmeldung/) aus und klickt auf „Ja, ich will!“ Danach das ausgefuellte Formular noch ausdrucken, unterschreiben und ab damit zur Post. Leute ohne WWW-Zugang schreiben einfach eine Mail an <vov…@nord.de>; von diesem bekommt man das Anmeldeformular, das man dann per eMail und auf Papier (also insgesamt zweimal!) zurueckschickt. Ein kurzes Selbstportrait in einer Mail an <v…@nord.de> hilft beim Kennenlernen, ist aber keine Pflicht.

+  Man tritt aus dem VOV aus, indem man eine Mail an <vov…@nord.de> schickt, aus der der Austrittswunsch deutlich hervorgeht. Abbestellen der Mailingliste alleine bedeutet noch keinen Austritt!

+  Aenderungen der eMail-Adresse koennen selbst durchgefuehrt werden, Informationen dazu erhaelt man bei der Anmeldung oder bei <vov…@nord.de>.

+  Falls man eine eigene Homepage hat, kann diese jederzeit in die Liste der VOV-Mitglieder auf dem WWW eingetragen werden. Hierzu reicht eine kurze Mail an <vov…@nord.de>.

8)  Womit befassen wir uns?

(Die Reihenfolge der Themen ist historisch gewachsen und stellt keine Wertung dar.)

+ Wie kann „Zensur“ verhindert und Meinungsfreiheit in Computernetzen sichergestellt werden?
+ Datenschutz und Datensicherheit in Computernetzen
+ Informationsgrundversorgung, freier Zugang zu Computernetzen
+ Offizielle Verlautbarungen zum Thema „Informationsgesellschaft“ von SPD-Gliederungen und Politikern
+ Wie bringt man Netz- und Parteikultur auf einen gemeinsamen Nenner? Vernetzung der Partei
+ Telekommunikationsgesetz (TKG)
+ Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes (IuKDG)
+ Computer und Schulen
+ Der Umgang mit der PDS, Ost-West-Diskussionen
+ Arbeiterlieder
+ Politik im Nahen Osten
+ Aktuelle Diskussionen von Wahlergebnissen
+ Vorbereitung des rechtspolitischen Kongresses April 97 in Mainz
+ Frauen im VOV/Internet
+ Zahlreiche allgemeine politische Themen

9)  Credits

Der Text dieses FAQs stammt urspruenglich von Christoph Wick. Weiterhin waren Jens Hoffmann, Thomas Roessler, Andreas Kroepelin, Andreas Plaeschke, Ralf Parr, Michael Doerrschuck, Bernhard C. Witt, Axel Schudak, Heino Prinz, Michael Singer, Ulrich Kortenkamp, Arne Brand, Attila Radnai, Karl Peter Ohly, Alexander Stirn und Hartmut Hambach beteiligt.

Momentan wird das FAQ von Boris Piwinger <vov-u…@nord.de> gepflegt.

Boris Piwinger
Mitglied im Vorstand des Virtuellen Ortsvereins der SPD (VOV)
(Usenet und Repraesentanz in Bonn)
http://vov.de/

Axel Schudak (2015): Zwei Anekdoten aus der aktiven Arbeit im VOV

Kryptoverbot

1997 versuchte die Bundesregierung, damals unter Bundesinnenminister Kanther (CDU), eine „Regulierung“ von Kryptographie auf den Tisch zu bringen, die effektiv auf ein Verbot starker Kryptographie hinausgelaufen wäre. In der Entwicklung dieser Debatte wurde ich damals von Jörg als „Experte“, konkret in meiner Eigenschaft als damaliger Geschäftsführer des DT Online-Verlags, zu einer Sitzung der SPD-Mitglieder des verantwortlichen Ausschusses nach Bonn eingeladen.

Das damals zusammen mit einem anderen VOVler (Jens oder Arne??) ausgearbeitete Hauptargument unserer Seite war die Aussage, dass mittels Steganographie die Verwendung von Kryptographie überhaupt nicht nachweisbar ist, das also ein Verbot technisch leicht umgangen werden kann. Wenn gängige Verfahren von Unternehmen und Privatpersonen nicht genutzt werden dürfen, während kriminelle Kommunikation keinen nachweisbaren Einschränkungen unterliegt, kann ein entsprechendes Verbot nicht angemessen sein. Zwar glaube ich nicht, dass wir einen messbaren Einfluss auf die Entscheidungsfindung hatten, aber letztendlich wurde die Idee begraben.

Bis vor einigen Monaten.

Der britische Premier Cameron beschwert sich über die Möglichkeit, kryptographisch abgesichert zu kommunizieren, und unser Innenminister de Maizière äußert Sympathie. Das Kryptoverbot steht damit wieder im Raum

Softwarepatente

Mein zweiter physikalischer Auftritt im Rahmen des VOV war ein 6-Augen-Gespräch, dass Arne Brand und ich im Sommer 2000 – exakt am Tag nach den Wahlen in den USA – in Berlin im Justizministerium bei unserer Schirmherrin Herta Däubler-Gmelin zum Thema Softwarepatente hatten. Ich kann mich noch gut entsinnen, wie ich mit Arne auf dem Weg von Hannover nach Berlin im Auto über die Wahl in den USA sprach, und dass man wohl so lange zählen würde, bis das Ergebnis in Florida passt…

Die Position des VOV zum Thema Softwarepatente war eine relativ orthodoxe Umsetzung der Gesetzeslage. Wir vertraten die Auffassung, dass „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“ nicht patentierbar sind. Unsere Grundmotivation war, Entwickler von Software bei Eigenentwicklungen von Ansprüchen Dritter freizuhalten.

Diese Position wurde von verschiedenen Ländern damals schon aufgeweicht. Insbesondere in den USA wurden Patente erteilt, die dieser ursprünglich auch dort vertretenen Grundidee teils deutlich widersprachen. Die Unterschiede in der Patentpraxis führten dazu, dass in den USA Patente auf Verfahren angemeldet wurden, die man vorher in Europa entwickelt, aber nicht patentiert hatte.

Offensichtlich wurde zu diesem Zeitpunkt im Justizministerium darüber nachgedacht, Softwarepatente weitergehend zuzulassen. Unseren Bedenken wurde entgegengehalten, dass für wichtige Verfahren ggf. eine Zwangslizenz angeordnet werden könne, um die allgemeine Entwicklung nicht zu behindern. Soweit ich mich entsinne, haben Arne und ich die Praktikabilität einer Zwangslizenz angezweifelt.

Ich glaube nicht, dass Arne und ich (als Vertreter des VOV) einen nachhaltigen – oder auch nur bemerkbaren – Einfluss auf die Entwicklung von Softwarepatenten nehmen konnten, die nun, seit 40 Jahren, je nach Stimmung offener oder restriktiver gehandhabt wird.

Axel Schudak (2015): Online-Wahlen im VOV

Geheime Wahlen?

Mit der Gründung des VOV stellte sich schnell das Problem, dass wir zur Besetzung der verschiedenen Funktionen Wahlen durchführen mussten. Glücklicherweise waren wir nicht die Ersten, die zu einem potentiell heftig umstrittenen Thema in Online-Netzen eine Einigung per Abstimmung zustande bringen mussten: Usenet-Gruppen waren uns da um einiges voraus.

Da ich an einigen solcher Abstimmungen teilgenommen hatte und über eine private Internet-Standleitung nach Hause verfügte, erklärte ich mich bereit, die ersten Wahlen im VOV durchzuführen.

Die eigentliche Wahl fand – wie damals unsere gesamte Kommunikation – über eine Mailingliste und eine Stimmabgabe per E-Mail statt – es war also jedem Teilnehmer klar, dass zumindest der Wahlleiter die Stimmabgabe lesen konnte, eine „geheime“ Wahl also nicht im letztendlichen Sinne der Definition stattfand. Üblicherweise wird in einer Usenet-Abstimmung sowohl der Name des Abstimmenden als auch seine Stimmabgabe veröffentlicht, was Manipulationen ausschließt. Da eine Personenwahl geheim sein sollte, haben wir auf die Auflistung der Stimmabgabe verzichtet. Es war also anfangs ein Vertrauensprinzip.

Gleich unsere erste Abstimmung über die zukünftige Leitung des VOV war von grundsätzlicher Natur, da sich mit Heino Prinz und Jakob von Weizsäcker zwei Vertreter völlig unterschiedlicher Ausrichtungen zur Wahl stellten – Heino war eher ein Generalist, der den VOV für die Debatte allgemeiner Themen nutzen wollte, während Jakob eher für eine Konzentration der politischen Arbeit auf netzorientierte Themen eintrat. Ich war erklärter Anhänger der zweiten Fraktion. Die Abstimmung ergab eine Mehrheit von nur einer Stimme für Heino – eine Richtungsentscheidung, die ich auch heute noch für unglücklich halte.

Manipulationssichere Wahlen

Nach diese Abstimmung war mir klar, dass kein Wahlleiter die Möglichkeit haben sollte, durch falsche Auszählung – oder auch nur das „versehentliche“ Verlieren einer Mail – das Ergebnis zu manipulieren. Es musste also eine Möglichkeit geben, sowohl die Abgabe der Stimme zu prüfen – kein Problem, indem die Liste der Wahlteilnehmer veröffentlicht wird – als auch die korrekte Zählung der abgegebenen Stimme.

Hierzu wurde dann für die folgenden „geheimen“ Wahlen neben dem Namen des Wählenden auch ein von ihm frei gewähltes Kennwort gefordert, so dass eine Stimmabgabe die Authentifizierung (über den Namen), das Kennwort und die Stimme enthielt. Veröffentlicht wurden dann die Liste der Teilnehmer sowie separat davon die Liste der Kennwörter jeweils mit Stimme sowie das sich daraus ergebende Ergebnis. Eine Manipulation des Ergebnisses war so nicht mehr möglich, ohne dass es den Betroffenen auffiel. Jeder konnte für sich prüfen, ob seine Stimme gezählt wurde und ob seine Stimme richtig ist. Über die verfügbaren Namenslisten war sichergestellt, dass keine zusätzlichen Stimmen eingeschmuggelt wurden. Das Verfahren haben wir für Personenwahlen und ggf. geheime Abstimmungen so beibehalten, wobei wir alle thematischen Abstimmungen öffentlich durchgeführt haben.

KEINE geheimen Wahlen – Wahlmaschinen?

Der Nachteil des Verfahrens liegt natürlich auf der Hand: die Wahl ist nicht wirklich „geheim“. Einerseits hat der Wahlleiter die Möglichkeit, die Stimmen einzusehen – auch wenn die Auszählung später von einem Programm durchgeführt wurde. Gleichzeitig konnte durch Vereinbarung des Kennworts die Abgabe einer Stimme durch Dritte überprüft werden.

An dieser Stelle gab es zwar interne Überlegungen eine „Wahlmaschine“ zu schreiben, in der z. B. vom Wähler Stimme und Kennwort an einen Server, sowie Kennwort und Authentifizierung an einen anderen Server gesendet werden, wobei der eine Server dem anderen den Wahlzettel freigibt. Aber der Aufwand erschien uns den Vorteil für die Nutzung im VOV nicht wert zu sein.

Mit diesem Verfahren würde man zur Zuordnung einer Stimme zu einem Wähler zwar beide Administratoren anstatt nur eines Wahlleiter benötigen, die nachträgliche Kontrollmöglichkeit durch Dritte würde aber verbleiben. Dieses spezielle Problem würde sich nur lösen lassen, wenn man auf die Veröffentlichung der Kontrollliste komplett verzichtete.

Aber…

… im demokratischen Prozess muss das Wahlverfahren für jeden transparent sein. Ein „Vertrauen“ in den Wahldurchführenden DARF nicht vorausgesetzt werden. Die Vorgänge innerhalb einer „Wahlmaschine“ werden für den Durchschnittswähler immer undurchschaubar bleiben. Und die Manipulation von Software wird immer schwerer zu erkennen sein als die Manipulation einer manuellen Auszählung.

Ein Verfahren mit bekannten Schwachstellen ist immer einem Verfahren vorzuziehen, das auf einem „Vertrauen“ beruht, dass schon keine Manipulation stattfinden wird. Dort, wo politische Macht wirklich vergeben wird – zugegebenermaßen nicht im VOV –, MUSS das Verfahren transparent und nachvollziehbar sein – ein Urteil, das 2009 so auch das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf Wahlmaschinen und Onlinewahlen bestätigt hat.
Insofern waren alle Personalwahlen, die wir durchgeführt haben, nur insoweit geheim, als der Wahlleiter potentiell Zugang zu den individuellen Stimmabgaben hatte, als auch jeder Abstimmender seine Stimmabgabe anderen gegenüber nachweisen konnte. Andere Online-Verfahren haben aber immer auch andere, meines Erachtens nach schwerwiegendere, Nachteile. Es gibt kein Online-Wahlverfahren, das geheim, nachprüfbar und transparent ist.

Schlussfolgerungen zum Verfahren

Eine Schlussfolgerung dieser Überlegungen für mich war und ist, dass politische Macht durch Wahlzettel in Kabinen vergeben werden sollte. Es gibt kein Online-Wahlverfahren und keine Wahlmaschine, dem man hierbei „trauen“ darf. Der Verlust an Glaubwürdigkeit und das erhöhte Manipulationsrisiko ist die Einsparung an Geld oder Zeit nicht wert.

Eine Ausnahme ist das Hinterlassen einer „vollständigen Papierspur“ bei lokaler Kontrolle des Zugangs zur Maschine – aber wegen der notwendigen Kontrollzählungen ist es deutlich günstiger, gleich auf diese Maschinen zu verzichten.

Heute

Durch die Verbreitung von Handykameras ist mittlerweile Stimmenkauf zu einer lösbaren logistischen Aufgabe geworden. Auch dem sollte die Politik vorbeugen, indem Handys grundsätzlich aus Wahlkabinen verbannt und Briefwahlen untersagt werden. Der Vorteil einer erhöhten Beteiligung durch Briefwahl wird gegenüber den wachsenden Manipulationsmöglichkeiten an Wert verlieren – eine Beobachtung der Wahlergebnisse der Briefwahlen durch statistische Methoden erscheint bereits heute geboten.

Missbrauch von Abstimmungen

Ein Ziel des VOV war, jeden Teilnehmer am politischen Prozess zu beteiligen. Hierzu standen Abstimmungen jedem Mitglied offen. Dies führte leider dazu, dass Themen zur Abstimmung gestellt wurden, die inhaltlich schädlich für den VOV waren (auch wenn sie kaum Chancen auf Zustimmung hatten). Als Beispiel sei insbesondere ein recht heftiger Angriff auf unsere Schirmherrin Herta Däubler-Gmelin wegen ihrer Tätigkeit als Justizministerin angeführt. Ich hatte in diesem Fall ernsthaft überlegt, die entsprechende Abstimmung einfach aus Verantwortung des Amtes abzulehnen und ggf. über meine Ablehnung (und Position als Wahlleiter) abstimmen zu lassen, statt über das ursprüngliche Thema. Da „man“ – insbesondere der Autor der Abstimmung – dem VOV-Vorstand damals u. a. vorwarf, „Andersdenkende“ durch Regularien auszubooten, habe ich mich gegen meine Idee entschieden und die Abstimmung – mit dem zu erwartenden Ergebnis – durchgeführt.

Rückblickend betrachtet wäre ein wenig mehr politische Arbeit an vielen Stellen – auch bei der Wahlleitung – dem Gesamtprojekt VOV dienlich gewesen. Mein Verständnis des Amtes als rein organisatorische Dienstleitung stand dem hier entgegen.