Dr. Aleksandra Sowa (2015): Der erste (echte) Netzerklärer der Nation (oder wenigstens der SPD)

 

September 20005 VOV-Vorstand trifft Brigitte Zypries in Darmstadt © Petra Tursky-Hartmann
Jens Hoffmann erklärt Brigitte Zypries VDS © Petra Tursky-Hartmann

In der Aprilausgabe des deutschen Wired-Magazin war kürzlich zu lesen, wie Sascha Lobo zum „Netzerklärer der Nation“ wurde: „die Stelle war Mitte der Nulljahre noch frei und vielversprechend“ [1]. Jens Hoffmann, der Pionier und Mitbegründer des Virtuellen Ortsvereins (und etliche Jahre Wahlleiter des VOV), wurde zum Netzerklärer der Nation schon im Jahr 1995. Genauer genommen, im November 1995 auf dem Bundesparteitag der SPD in Mannheim. Sein Erkennungsmerkmal: – nein, kein pinker Irokese! – die getönte Brille.

Berlin Dezember 1999 SPD Parteitag Estrel Petra Tursky-Hartmann und Franz Müntefering
„Netzerklärer“ bei der Arbeit © Petra Tursky-Hartmann (Quelle: SPD PV)

Auf dem Parteitag hat Jens seine „Standard-Sales-Präsentation“ gehalten, was so viel hieß, wie der Politprominenz, den Interessierten, Besuchern und der Partei das Internet und das Web auf dem Internetstand („Internetcafé“ nannte man es damals) zu erklären.

„In Jahr 1995 bestand das Internet noch nicht aus vielen bunten Bildern, die Übertagungsraten für bezahlbare private Netzanschlüsse reichten gerade für die Text- und Mail-Abfragen“, erinnert sich Jens. Dementsprechend blühte die ASCII-Kunst in den Newsgroups und Chatforen, also die Art, Grafiken ohne Grafik darzustellen (überlebt haben bis heute die infantilen Nikoläuse und Osterhasen, die man sich gelegentlich noch per SMS schickt – Tendenz sinkend). „Ich erklärte auf dem Parteitag im Mannheim, was für Anwendungen gibt es im Netz, wozu sind die gut etc. Das war nicht viel. Mein Repertoire war beschränkt und bestand aus E-Mail, Gopher, Web, ftp und Usenet“, sagt Jens. „Das alles war noch sehr technisch. Es gab nicht sooo viel Interessantes für das Publikum auf dem Parteitag. Den Kunden habe ich daher meist nach seinen Interessen gefragt und mich dann an seinen Wünschen orientiert.“

1999 SPD Parteitag in Berlin im Estrel - Petra Tursky-Hartmann mit Martin Bury am Infostand des VOV
„Netzerklärer“ bei der Arbeit: Petra Tursky-Hartmann mit Martin Bury © Petra Tursky-Hartmann (Quelle: SPD PV)

Kunden- bzw. zuschauerorientiert musste dann die Präsentation erfolgen: „Usenet habe ich immer als Realtime-Wissensdatenbank präsentiert. Das machte damals bei Politikern anders nicht viel Sinn, da auch das Usenet noch sehr technisch war“, so Jens. Und erinnert sich an eine kleine Anekdote aus der Pionierzeit: „Einmal erklärte ich das Internet Wolfgang Thierse. Ich habe ihm Usenet gezeigt und das mit der Wissensdatenbank erklärt. Er fragte mich dann, wo die Redakteure denn wären. Ich hab Herrn Thierse nicht ausgelacht, war aber doch eine Sekunde lang sprachlos.“

VOV-Vorstandstreffen in Heidelberg - Jens Hoffmann © Petra Tursky-Hartmann
„Netzerklärer“ nach der Arbeit: Jens Hoffmann © Andreas Bieber

Die ersten Netzerklärer hatten keine „Spiegel-Online“-Kolumne zur Verfügung, dafür aber verfügten sie über ein viel anspruchsvolleres technisches – meritorisches wie motorisches ‒ Hintergrundwissen als die „Kunden“ aus der eigenen Partei, die es aufzuklären galt. Neben der Netzaufklärung auf den Messen, Parteitagen, Workshops und auf Konferenzen wurden von Jens und anderen VOV-Mitgliedern auch Web-Tutorials verfasst.

Newsgroups Piwinger BinsBoris (Pi) Piwinger publizierte beispielsweise auf seiner piology.org-Seite „pi‘s Einführung in Network News (Usenet)“ und schrieb sogar ein paar Jahre später zusammen mit Elmar Bins ein Buch über Newsgroups [2]. Dieser Einführung in das Usenet kann man heute immer noch viele nützliche Informationen entnehmen. So kann man beispielsweise erfahren, dass die meisten Menschen heute in ihren E-Mails die Zitierweise TOFU (= Text Oben Fullquote Unten) nutzen ‒ während die „Old Boys“ des Internets meist noch das gekürzte oder ungekürzte Inline-Quote bevorzugen. Die noch im Netz erhaltenen Web-Tutorials sind Zeugen der „Netzerklärung“ aus den Pionierzeiten des Internets ‒ und ein Stück der Netzgeschichte. So, wie der Virtuelle Ortsverein und seine „Netzerklärer“ ein wichtiger Teil der Geschichte der Netzpolitik sind.

[1] Hentschel, J.; Rank, E. & Tanriverdi, H. 2015, „Das Netz ist kaputt – es lebe das Netz!“, in: Wired 04.15, 62-69.

[2] Piwinger, B.A. und Bins, E.K., 1997. Newsgroups. Weltweit diskutieren. Bonn: Thomson Publishing.

Dr. Aleksandra Sowa (2015): Wie das Wettrennen der Amerikaner und der Russen um den Mond – Der Internetwahlkampf 1998 der SPD

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Zugangsberechtigung Internet-Redaktion SPD-Parteivorstand @ Aleksandra Sowa

Am Wahlkampfabend des 27. September 1998 stürmte eine junge Journalistin von Spiegel Online die Internetredaktion der Kampa in Bonn. Das Netz sei zusammengebrochen, sie bekäme keine Verbindung zum Redaktionsserver und könne ihre Liveberichte nicht abliefern. Zusagen, bei dem Wahlkampfabend dabei zu sein, bekäme sie nur von FDP und SPD. Doch die Internetredaktion in der Kampa sei die einzige, wo noch was läuft, hätte sie gehört.

Sie hatte recht. Die Chefin der Internetredaktion der SPD wies der Journalistin einen freien Platz zu, wo sie ihre Berichte aus dieser Nacht tippen konnte.

Gerhard Schröder – Bundestagswahlkampf 1998 © Petra Tursky-Hartmann

Die Wahlkampfnacht 1998 war nicht nur die Siegesnacht von Gerhard Schröder. Dies war ebenfalls die Siegesnacht des SPD-Webservers über die IT anderer Bundestagswahlparteien. Die Sozialdemokraten waren die einzige Partei, deren Internetpräsenz an diesem Abend und in dieser Nacht ununterbrochen abrufbar war und nicht den – vermutlich weder beabsichtigten noch bösartigen – Denial-of-Service-Attacken der vom Wahlergebnis der Sozialdemokraten begeisterten Internetnutzer erlag.

„Der Wahlsieg ist ja schon toll“, schrieb ein begeisterter User in einer E-Mail noch am Wahlabend. „Dass Ihr das aber hinbekommen habt, als einzige im Lande einen funktionierenden Internet-Server (in Echtzeit) am Laufen zu halten, ist die totale Wuchtbrumme. Glückwunsch. Doppelt an diesem historischen Wahlabend.“[1]

Screenshot www.spd.de 1998 Bundestagswahlkampf

Die Internetredaktion der SPD überließ in dieser Nacht nichts dem Zufall. Auch nicht, dass sie als einzige Partei online geblieben ist. Sie hat sich auf diesen Fall vorbereitet und aus den Wahlkampferfahrungen anderer Länder, die das Internet erstmalig intensiv im Wahlkampf eingesetzt hatten, gelernt. Die SPD schickte Beobachter in die USA, um in der Bill-Clinton-Wahlkampagne Erfahrungen zu sammeln. Doch die Pannen der nichtverfügbaren Server ereigneten sich zuerst in einer sehr nahen Nachbarschaft – während der Wahlen im Jahr 1997 in Polen. Sowohl die Abfrage der Wahlprognosen vor als auch der Wahlergebnisse nach den Wahlen brachte die Server von „Rzeczpospolita“ beinahe zum Absturz. Ich verfasste damals einen kurzen Bericht darüber für die Friedrich-Ebert-Stiftung und stellte ihn ins Netz[2]. Als die Siegesnacht kam, war die SPD – nicht nur technisch gesehen – auf den „worst case“ vorbereitet.

Der Würfel auf dem Erich-Ollenhauer-Haus in Bonn ©-Petra-Tursky-Hartmann

Bis spät in die Nacht berichtete die Internetredaktion live aus der Wahlkampfzentrale und dem Erich-Ollenhauer-Haus in Bonn im Intranet und stellte Fotos, Reden und Kurzberichte auf die Internetseite der SPD.

„Wir wollten schneller sein als die CDU“, sagte Anna Siebenborn der Spiegel-Journalistin an diesem Wahlabend. „Das war wie der Kampf der Amerikaner und der Russen um den Mond.“ („Kohl ist weg!“, Nataly Bleuel, 28.09.98; Spiegel Online)[3]

VOV Logo 1998

Es war ein lang ersehnter Sieg für die Technik-Freaks und ungefährlichen Spinner, die damals noch von der Hand jede Webseite kodierten – den Virtuellen Ortsverein der SPD (VOV). Redaktionstools waren kaum für den professionellen Einsatz geeignet, man musste HTML, PHP, am besten auch CGI und Pearl „sprechen“, die Bildbearbeitung beherrschen, von Linux etwas verstehen und ein Netzwerk konfigurieren können (1992 erschien mit Windows für Workgroups die erste netzwerkfähige Version von Windows; erst mit Windows 95 trat Microsoft ins Webzeitalter ein[4]). Auf den Parteitagen, Messen und bei der Wahlkampftour bewiesen die VOVler ihr Können. Was dem Internet-Team meistens zur Verfügung gestellt wurde, war eine Stromdose und manchmal ein ISDN-Anschluss. Der Aufbau der Technik, die Konfiguration des Netzwerks und der Arbeitsumgebung, gar die Konfiguration der Router (danke, Jens Hoffmann, Elmar K. Bins und Wolfgang Küter!) waren schon die Aufgabe des VOV.

JUSY Festival © Aleksandra Sowa

Gewiss haben sich die Mitglieder der „Internetredaktion“ nicht nur durch ihr technisches Können vom Rest der Parteizentrale unterschieden. Auch durch die Kleidung – und auch durch ihre verhaltene Kommunikationsneigung. Das lag allerdings daran, dass wir unglaublich viel zu tun hatten. Auf den Parteitagen und Messen arbeiteten wir meistens in Schichten, um die Liveberichterstattung zu bewältigen und schneller als die Presse News zu publizieren. Während ein Teil der Redaktion die journalistischen Aufgaben übernahm und Fotos schoss, waren die anderen im Back-Office damit befasst, die Seiten zu kodieren. Die Chefin der Internetredaktion textete und kommentierte das Geschehene und kümmerte sich um die Freigaben, bevor das Material ins Netz ging. Nicht zu vergessen die Truppe, welche die offiziellen Dokumente – gut, wenn sie schon digitalisiert waren – im Schreibbüro besorgte, übertrug und gegebenenfalls digitalisierte (der Memory Stick war damals noch nicht erfunden). Im Front-Office wurden die Ergebnisse direkt aus dem Internet und Intranet präsentiert, Besuche von Prominenten empfangen, das Internet erklärt und Führungen und Pressetermine für die Parteivorstände erledigt. Und das alles unter Guerilla-Bedingungen.

Tour Team 1998 @ Aleksandra Sowa

Auf der Wahlkampftour durch die Bundesrepublik begleiteten den Kanzlerkandidaten der SPD mehrere mobile Teams, die mit Technik beladenen Pkws hinter dem „Hof“ von Schröder fuhren und ad hoc eine Redaktion aufbauen mussten, um das Bild- und Textmaterial a) schneller als die Medien und b) ungefiltert ins Netz zu stellen.

Gerhard Schröder gewöhnte sich schnell an die Individualisten in Bühnennähe, die mit ihren damals sehr klobigen und unglaublich langsamen Digitalkamera versuchten, möglichst gute Bilder von ihm zu schießen. Eine solche Kamera kostete damals mehrere tausend DM. Ein so wertvolles Prunkstück konnte sich die Internetredaktion des SPD-Parteivorstandes damals nur leihweise leisten.

Unsere Erfolge sprachen sich in der Kampa unglaublich schnell herum und weckten Begehrlichkeiten. Mehrmals tauchten in unserem bis zur Decke mit Technik und Kabeln vollgestopften Redaktionsräumen Mittdreißiger auf – intellektuell angehauchte Hornbrille, Anzug und ledergebundener Terminkalender – mit der Ankündigung, sie hätten jetzt das Sagen über das Internet. Von den meisten dieser Individuen hat man nach dem Wahlkampf nie wieder etwas gehört. Dem Alter Ego begegnet man heute praktisch in jeder Branche und Organisation: große Klappe und keine Ahnung von der Sache. Nur die Brillen haben sich geändert: heute trägt man die Nerd-Version.

VOV-Infostand: Jörg Tauss (alias „InterTauss“) und Aleksandra Sowa © Petra Tursky-Hartmann

In Duisburg war die Internetredaktion noch vor der Hundestaffel der Polizei mit der Technik fertig. In Duisburg erwiderte Schröder den Vorwurf der Bürgermeisterin, er sei noch nie in Duisburg gewesen, mit den Worten, er würde Duisburg kennen, er hätte schließlich Schimanski geguckt. Aus den guten Bildern wurde allerdings nichts. Der für höhere Ämter und Würden bestimmte Mittdreißiger hat der Internetredaktion den Zugang zur Bühne verwehrt. In Zwickau gab es eine Werksbesichtigung mit den frischen Vorständen der Sachsenring Automobilwerk AG, die stolz behaupteten, den faulen Hund in den Ostdeutschen bekämpft zu haben. Wir fanden es wenig berichtenswert, dafür stand es später im Geschäftsbericht der Werke (die Gebrüder Ulf und Ernst-Wilhelm Rittinghaus wurden einige Jahre später u. a. wegen Bilanzfälschung zu Haftstrafen verurteilt, nachdem das Werk insolvent war und geschlossen werden musste[5]). In Bremen bauten wir unsere Tische mit Rechnern direkt auf dem Marktplatz auf. Der Kandidat war schon da (was wir nicht wussten) und lud spontan Journalisten in den Ratskeller zu Bier und Gespräch (was wir aus der Presse erfahren haben). Die Fotos von dem Bühnenauftritt sind trotzdem sehr gut geworden. Und: wir waren wieder mal schneller als die Medien gewesen. In Stuttgart war es so voll, dass wir kaum Nahaufnahmen des Kandidaten geschafft haben, dafür aber tolle Fotos von den begeisterten Menschenmassen vor der Bühne. Außerdem waren wir viel zu spät dran. Während wir auf der Autobahn im Stau standen, fuhr uns Schröder mit seinem Team und einer Polizeieskorte davon. Fakt ist: Wir waren immer dabei, gehörten aber irgendwie doch nicht dazu.

„Schröders virtuelle Stoßtruppe“ @ Politik-Digital 1999

Im Wahlkampf arbeitete eine gut eingespielte VOV-Truppe. Technik, die sich standardisieren ließ, wurde standardisiert. Jeder Griff musste sitzen, jedes Kabel musste richtig aufgewickelt werden, damit das nächste Team ohne Unterbrechung weiterarbeiten konnte. Für Back-ups und Reservelösungen waren weder Zeit noch Geld da. Trotzdem hat es funktioniert. Und dazu noch erstaunlich gut.

Zum Dank für unseren Einsatz bekamen wir ein vom Kanzlerkandidaten handsigniertes Buch überreicht – über Gerhard Schröder –, das ich bis heute wie ein Heiligtum aufbewahre. Er schrieb ja auch am liebsten mit einem guten Mont Blanc. So antwortete er auch, als ihm nahegelegt wurde, sich eine E-Mail-Adresse einrichten zu lassen. Diese Anekdote erzählte man sich noch Monate später.

Mehrheit 1998 © SPD-Parteivorstand

Und dann war der Kohl weg, wie Nataly Bleyel ihren Wahlabendbericht titelte. Hans-Dieter Degler aus der Redaktion von Spiegel Online kommentierte die Wahlergebnisse: „Die Netzgemeinschaft nimmt einen ignoranten Kanzler, der noch vor wenigen Jahren nicht wusste, was eine Datenautobahn ist, nicht mehr ernst. Und sie nimmt ihm übel, wenn er seinen Innenminister nicht bei dem Versuch stoppt, den großen Lauschangriff auf das Internet auszuweiten.“ Worte und Themen, die heute wieder sehr aktuell klingen.

[1] Auszüge aus der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Akademie der Politischen Bildung. Unter der wissenschaftlichen Betreuung von Herrn Prof. Dr. Thomas Meyer. Vorgelegt von Aleksandra Sowa. „Wahlkampf via Internet. Online-Wahlen in Deutschland 1998 am Beispiel der SPD und CDU.“ (12.11.1998), http://www.fes.de/election/wahlen98/.

[2] Sowa, A. 1997. „Wybory´97 in Polen“, http://www.fes.de/election/wybory_97.html (Zugriff: 25.5.2015)

[3] Ebd.

[4] Cumplido, T. und Grote, M. „Windows-History: Die Geschichte von 1985 bis heute: Die Evolution des Microsoft-Betriebssystems in Bildern“, http://www.heise.de/download/special-windows-history-die-geschichte-des-betriebssystems-151501.html (Zugriff: 25.5.2015( und  Microsoft. „Die Entwicklung von Windows“, http://windows.microsoft.com/de-de/windows/history#T1=era4 (Zugriff: 25.5.2015)

[5] Manager-Magazin. 2009. Sachsenring-Prozess: Haftstraffen für die Brüder Rittinghaus. 10.3.2009. http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/a-612499.html (Zugriff: 25.5.2015)

Jörg Tauss (2015): „Ihr werdet nie virtuell Plakate kleben können!“ – Die Geschichte des VOV und der Netzpolitik

„Bis Donnerstag können wir einen Antrag schreiben…“ berichtete ich meinen Mitarbeitern stolz am Mittwochmorgen nach einer nächtlichen Fraktionssitzung  im  Jahr 1995. Parlamentserfahrener als ich fielen sie beinahe in Ohnmacht. Tatsächlich klappte das allein schon wegen der formalen fraktionsinternen und parlamentarischen Abläufe nicht, als MdB innerhalb eines Tages einen Antrag zustande und dann auch formal auf den Weg zu bringen.

Dennoch gingen wir an die Arbeit und wandten uns wegen des besagten Antrags gezielt an die damaligen Compuserve-Foren. Das Thema ist mir leider entfallen. Und  vom Erfolg zu überrascht, waren wir auch nicht in der Lage, den Vorgang zu dokumentieren. Die Resonanz war, einfach überwältigend. Im wahrsten Sinne des Wortes hatten Menschen weltweit am Text unseres Antrags gearbeitet. Da war der deutsche Wissenschaftler in L.A. ebenso beteiligt wie ein Zivi in Moskau oder eine Angestellte einer deutschen Firma in Tokio.

Dieser Vorgang war letztlich der Auslöser für die nächtliche Idee, einen virtuellen Ortsverein zu gründen. Ziel war weniger der Wunsch nach regionalem Geplänkel, sondern die Vernetzung von „Szenen“. Oft genug gibt – und gab es – im „normalen“ Ortsverein thematisch versierte Fachleute, die sich „mangels Masse“ nicht unter ihresgleichen vor Ort innerhalb der Partei austauschen konnten. Insofern war die ursprüngliche Überlegung, diese Fachleute oder thematisch Interessierte in entsprechenden Foren des VOV zu vernetzen und sie nicht allein dem „kuscheligen“ klassischen Ortsverein zu überlassen.

Auch wenn dieser Ansatz dann letztendlich nicht umgesetzt werden konnte, war Bürgerbeteiligungund ist diese Idee für moderne Parteien – und letztlich auch die Parlamentsarbeit – aus heutiger Sicht und nach viel Ernüchterung immer noch bestechend. Voraussetzung wäre allerdings, dass Partei(en) und Abgeordnete diese Chance für die eigene Arbeit wahrnehmen und sie nutzen. Allerdings war – mit einigen Ausnahmen – das Gegenteil der Fall.

Die einen befürchteten eine zusätzliche Arbeitsbelastung für ihre ohnehin überlasteten Büros. Andere schoben demokratietheoretische Erwägungen vor. So wäre, bei Umsetzung der „virtuellen Idee“, die Mehrheit des Parteivolks und erst recht die Bevölkerung von der Meinungsbildung ausgeschlossen. Gerade so, als sei an einer nicht internetbasierten Meinungsbildung und Gesetzgebung die Mehrheit der Bevölkerung schon immer beteiligt gewesen.

Diese Argumente der Gegner der Netzpolitik dominieren auch heute, 20 Jahre (sic!) nach der Gründung des ersten virtuellen Ortsvereins, immer noch den politisch-parlamentarischen Alltag. Bis heute gibt es keinen einzigen Bundestagsausschuss, der eine virtuelle Bürgerbeteiligung jenseits klassischer Anhörungen auch nur ansatzweise in Erwägung zieht. Chaotische Debatten in Foren einerseits und gewichtige politische Bremsklötze andererseits verhinderten und verhindern so parteiübergreifend die Idee technisch gestützter und unterstützter Meinungsbildung sowie eine breitere systematische Politikbeteiligung via Internet. Und dies eben in Partei(en) wie in Fraktionen und Parlamenten.

Die Beschäftigung mit diesen häufig verbrämten Widerständen prägten damals auch die „Hauptarbeit“ des VOV. Nicht ein parteiinternes Lob für diese zukunftsgerichtete und moderne Idee prägte damals den Aufbruch in die digitale Zeit, sondern der schneidige Besuch des Justiziars der SPD. Er forderte, dem VOV die Berechtigung zu entziehen, sich „sozialdemokratisch“ zu nennen. Schließlich könnte da ja jeder kommen….

Neben solchen Kämpfen waren die Aktiven des VOV zudem gezwungen, sich in Ermangelung netzpolitischer Fachleute im Politikbetrieb den Experten im Netz zuzuwenden. Dies wiederum führte dazu, als „Freak“ für weiche Themen“ in eine entsprechend belächelte Ecke gestellt zu werden. Insbesondere da man mit kräftiger sozialdemokratischer Hilfe das gute alte Postministerium abgeschafft hatte. Dies musste nicht unbedingt betrauert werden.

Aber mit der Verlagerung jeglicher Telekommunikationspolitik  auf die Wirtschaft und den Markt waren auch über Jahre die parlamentarischen und die damit verbundenen personellen Strukturen nebst Kompetenzen für diesen Themenbereich weggebrochen. Natürlich ging es dabei auch schlicht um Macht und dem Erhalt hierarchischer Strukturen im Politikbetrieb. Und um schlicht Angst vor dem Neuen. Die beharrliche Weigerung, sich mit diesem „Neuen“ auseinander zu setzen, führt bis heute zu  seltsam anmutenden „Neuland“-Diskussionen.

Das Internet ist der natürliche Feind des damaligen wie des heutigen Politikbetriebes. Dies zeigen die immer wieder geführten Debatten um Kryptoregulierungen, um ein modernes Urheberrecht oder um die Vorratsdatenspeicherung. Argumente zählen im Politikbetrieb nicht. (Sie zählten auch vor dem Internetzeitalter nicht. Nur fiel das damals bestenfalls einer Minderheit thematisch interessierter Menschen auf).  mit der Etablierung der „Sozialen Netzwerke“ werden politische Unzulänglichkeiten heute nicht nur schnell bekannt, sondern auch umfassend verbreitet.

Dies führte und führt dazu, dass sich die herrschende „Politikkaste“ immer weiter von der netzpolitisch fachkundigen Szene entfernt. Dramatischer Höhepunkt und Ausdruck dieser Entwicklung war zweifellos 2009 die Auseinandersetzung um die Sperrung von Internetinhalten im Zusammenhang mit dem Zugangserschwerungsgesetz (Stichwort „Zensursula“).

Dies war, trotz des vorübergehenden Erstarkens der Piraten, der zentrale Bruch einer kompletten internetaffinen Generation mit dem klassischen Partei- und Politikbetrieb. Dieser Bruch ist durch sinnfrei geführte Debatten zur Vorratsdatenspeicherung oder durch die erbärmliche Haltung in der Frage, Edward Snowden Asyl zu gewähren, eher weiter vertieft worden.

Aus diesem Grund war auch der VOV und die später daraus hervorgehende Netzpolitik nur begrenzt in der Lage, wenigstens einen Teil dieser netzaffinen Generation an die SPD zu binden. Mittlerweile haben sich  viele der damals Aktiven enttäuscht abgewendet.

Sie waren es schlicht und einfach leid, nach dem euphorischen Beginn nur noch formale Kämpfe um Antragsrecht oder Inhalte mit einem Apparat zu führen, der sie ablehnte. Auch als die SPD, wie später alle Parteien, das Netz für sich als schmückendes Modernitätssignal entdeckte, blieb es letztlich dabei, das Internet als Verbreitungsplattform für Verlautbarungen an das staunende Volk zu benutzen.

„Ihr werdet nie virtuell plakatieren können!“ Dieser Einwand des SPD-Ehrenvorsitzenden Hans – Jochen Vogel brachte es Jahre später unfreiwillig komisch auf den Punkt: Die alte Plakatkleisterpartei war überzeugt, dass sie innerparteilich gesiegt hatte. Gegenüber dem Virtuellen Ortsverein und letztlich gegenüber moderner Netzpolitik. Es wird noch lange brauchen, bis sie begreift, dass das ein nur schwer zu korrigierender Fehler gewesen ist. Eine Änderung ist da noch lange nicht in Sicht.

Jan Mönikes (2015): Überblick über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Inhaltsverzeichnis

Übersicht über die Netzpolitik der SPD in den Jahren 1995 bis 2010

Anders als insbesondere in den USA war der Stand der politischen Debatte der Parteien in Deutschland noch bis Mitte der 1990er einseitig auf die wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten und Gefahren der „schönen neuen Medienwelt“ begrenzt und konzentrierte sich auf Begriffe wie „Multimedia“ und „Datenautobahn“ und die erhofften oder befürchteten 500 (oder mehr) Fernsehkanäle. Erst 1995, wenn auch immerhin früher als in anderen Parteien, erweiterte sich als Folge interner inhaltlicher Auseinandersetzungen über einige kontroverse Entscheidungen und Positionen[1] auch in der SPD die politische Diskussion über das Telefon, Radio und Fernsehen der nächsten Generation um das Internet und die sich daraus ergebenden Dimensionen einer weitreichenden (auch gesellschaftlichen) Veränderung. Diese fraktionsinternen Auseinandersetzungen beförderten im Ergebnis die allgemeine Einsicht, die Informationslücken des Parlaments und den im internationalen Vergleich bestehenden Rückstand im Stand der politischen Diskussion systematisch durch eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages aufzuarbeiten.

1995: Errichtung der Enquete Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft

Vor nunmehr 20 Jahren beschloss der Deutschen Bundestag auf Antrag der SPD-Fraktion daher schließlich die Einrichtung der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft[2]. Die SPD verfolgte mit ihrem Antrag das Ziel, im Rahmen der Enquete die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Deutschland in vielen gesellschaftlichen Bereichen von den Chancen der Informationstechnologie profitieren würde. Die Kommission nahm zum 31.01.1996 ihre Arbeit auf und widmete sich bis zu ihrem Abschluss 1998 insbesondere der Frage, inwieweit neue Informations- und Kommunikationstechnologien Veränderungen innerhalb der Gesellschaft bewirken.

Ein Erster Zwischenbericht[3] dokumentiert den Versuch der Kommission, zu ergründen, wie sich sogenannte „neue Dienste“[4] auf die Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt und den Wettbewerb auswirken. Der Zweite Zwischenbericht beschäftigte sich unter der Überschrift „Neue Medien und Urheberrecht“[5] u.a. mit Fragen wie erweiterte Verwertungsrechte, Urheberpersönlichkeitsrecht, Urhebervertragsrecht und der Verantwortlichkeit von Service-Providern. Der Dritte Zwischenbericht mit „Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter“[6] Medienwirkungsforschung und Feldern multimedialen Jugendschutzes wie Computerspiele, Internet und digitales Fernsehen, Medienpädagogik. Der Vierte Zwischenbericht „Sicherheit und Schutz im Netz“[7] mit den Themen Sicherheit in der Informationstechnik, Datenschutz, Strafrecht. Der Fünfte Zwischenbericht[8]  schließlich mit „Verbraucherschutz in der Informationsgesellschaft“.

Trotz eines weitgehend ergebnisoffenen Umgangs mit den Themen gelang es den Teilnehmern aus den Reihen von CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und SPD nicht immer, eine einheitliche Linie zu finden. Es bestand jedoch grundsätzliche Einigkeit darin, dass bestehende Rechtsunsicherheiten und tatsächliche Hürden im Bereich Informationstechnologie beseitigt werden müssten, um das Angebot neuer Dienste zu fördern. Neben inhaltlichen Kontroversen, z.B. über die Zukunft des dualen Rundfunksystems, gab es jedoch schon keine gemeinsame Position hinsichtlich der Frage, auf welche Bereiche sich die Arbeit und die Empfehlungen der Kommission erstrecken sollten: Für die SPD fiel das Verständnis, dass die Mehrheit der anderen Teilnehmer von Informations- und Kommunikationstechnologien und deren Auswirkungen vertraten, zu eng aus. Vor allem die CDU/CSU vertrat dagegen die Ansicht, politische Empfehlungen der Kommission sollten sich allein auf medienpolitischen Kontext beschränken. Die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollten sich diesem engen Verständnis jedoch nicht anschließen, so dass sie Sondervoten im Rahmen des offiziellen Abschlussberichtes[9] abgaben, der sich auf Vorarbeiten beziehen konnte, die parallel zur „offiziellen“ Enquete-Kommission gefertigt wurden[10].

Aus dem Votum der SPD geht hervor, dass neue Technologien nicht nur im engen medienpolitischen Bereich von Bedeutung sind, sondern in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssten. Mit anderen Worten: Technologische Entwicklungen dürften nicht im „leeren Raum“ diskutiert werden, sondern im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung. Durch die neuen Entwicklungen im Bereich Informationstechnik sollte nach Auffassung der SPD eine Modernisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft eintreten. Die Chancen der neuen Technologien für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wurden insgesamt höher als die Risiken eingeschätzt. Insgesamt trägt die SPD somit den Schlussbericht der Kommission, dass Deutschland vor allem in wirtschaftlicher aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht von dem Wandel hin zu einer Informationsgesellschaft profitieren kann, sofern die wesentlichen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Aufbauend auf den Arbeiten und den Erkenntnissen während der Enquete-Kommission hat die SPD in den darauffolgenden Jahren im Zusammenhang eine ganze Reihe von Initiativen zur Netzpolitik gestartet und vor allem Anträge in den Bundestag eingebracht, die darauf abzielten, die Entwicklung und Verbreitung neuer Informationstechnologien fördern. Zu diesen Initiativen zählen nicht nur direkte Förder- und Ausbauprogramme sondern auch Anträge, die das Vertrauen in diese Technologien schützen sollen.

Die Arbeit der Enquete-Kommission mündete in die Einrichtung des Ausschusses für “Kultur und Medien” und des Querschnittgremiums „Unterausschuss Neue Medien“. Dabei prägten die während der Zeit der Enquete-Kommission geleisteten Vorarbeiten bis 2009 weitgehend die Grundlinien der „Netzpolitik“ der SPD auf Bundesebene.

Nach dem 11. September 2001 rückte jedoch auch innerhalb der SPD zusehends eine Betrachtung ins Zentrum, die die Entwicklung und Nutzung neuer Informationstechnologien vor allem in den Zusammenhang mit der inneren Sicherheit und/oder der Verfolgung von Straftaten stellte. Sie fand ihren Höhepunkt in der Verabschiedung von bis heute heftig umstrittenen Regelungen zur Auslandskopfüberwachung, der Vorratsdatenspeicherung, der heimlichen Online-Durchsuchung und schließlich der Webseiten-Sperre.

Einzelne Themenbereiche und Initiativen:

Die wenigen „Internetpolitiker“ in der SPD-Bundestagsfraktion und der Partei vernetzten sich früh schon über enge persönliche Kontakte und  nutzten  zudem Diskussionsplattformen wie den „Virtuellen Ortsverein der SPD“ um sich vertrauensvoll über Themen auszutauschen und auf politische Ziele zu verständigen. Es kam so zu einer sehr produktiven Phase von Diskussionen, Texten und etlichen Anträgen im Deutschen Bundestag, die hier in einer Übersicht – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – kurz dargestellt werden sollen. Damals wie heute standen dabei Fragen des Schutzes der Persönlichkeit, der  Medienordnung, der veränderten Rolle des Staates im Mittelpunkt. Gemeinsam ist den aus dieser Zeit aber auch das spürbare Bemühen, sich dieses digitalen „Neulands“ – das es vor 20 Jahren politisch ja tatsächlich auch noch war – offen und mit einer grundsätzlich positiven Grundhaltung zu nähern, die Chancen zu betonen und Gefahren nicht nur als Risiken, sondern eben auch als Herausforderungen zu begreifen. Das höhere Ziel vieler netzpoliitischer Akteure in der SPD seit dieser Zeit: Für Fraktion und Partei auf Bundesebene Skizzen für eine Karte zu liefern, die klare Kursbestimmungen erlaubt, die auf ihre Grundwerte „Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“ orientiert sind.

Reform der Medien- und Kommunikationsordnung

Antrag : Reform der Medien- und Kommunikationsordnung für die Wissens- und Informationsgesellschaft verwirklichen[11]

Ziel des Antrags ist es, eine Medien- und Kommunikationsordnung zu entwickeln, die den Besonderheiten sowohl der „traditionellen“ als auch der Neuen Medien gerecht werden kann.

  • Zersplitterung der Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen überwinden.
  • Regelungen entwickeln, die der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der alten und neuen Medien gerecht werden.
  • verlässliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit für die Entwicklung von e-commerce schaffen. Notwendig ist eine Neukonzeption der Medien- und Kommunikationsordnung aber auch, um die
  • grundgesetzlich garantierte Kompetenz der Bundesländer für den Medienbereich auch langfristig
  • Sicherung der Position und der Funktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Informationsgesellschaft und ihrer Finanzierung.
  • verstärkter Nutzerschutz, der auch durch Maßnahmen zur Verbesserung des Jugendschutzes, zur Vergrößerung der Medienkompetenz auf Seiten der Nutzer und die Förderung von Medienethik auf Seiten der Anbieter und der Aufsichts- und Selbstkontrolleinrichtungen erreicht werden kann.
  • den politischen Prozess mit Hilfe der neuen Medien transparenter und die Erbringung staatlicher Dienstleistungen effektiver machen.

Initiative: Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts[12]

Die Initiative beruht auf der Annahme, dass die hohe Arbeitslosigkeit nur durch einen gelungenen Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft bewältigt werden kann. Die Chancen der Informationsgesellschaft sollen noch konsequenter zur Wissensproduktion, Wissensverwertung und für Beschäftigungszuwächse genutzt werden.

  • neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten schaffen bessere Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Zusammenführung bisher getrennter Wirtschaftszweige und Verbreitung des Internets eröffnet Unternehmen den Zugang zu neuen Märkten.
  • Bildungseinrichtungen müssen besser mit Internetanschlüssen ausgestattet werden außerdem müssen höhere Übertragungsraten erzielt werden.
  • alle gesellschaftlichen Gruppen müssen an der Nutzung von Informationstechnologien in gleicher Weise teilhaben können.
  • Formulierung konkreter Ziele für 2005.

Initiative: Digitaler Rundfunk[13]:

Digitalisierung der Rundfunkübertragung schafft die notwendigen Voraussetzungen für das Zusammenwachsen von Informations-, Kommunikations-und Rundfunktechniken.

  • Öffnet neue Märkte für neue digitale Nutzungen und vielfältige innovative Prozesse.
  • Überwindung des Problems der Frequenzknappheit.
  • Die durch die Digitalisierung frei werdenden Frequenzen können für neue innovative Dienste genutzt werden.

Modernisierung des Datenschutzes, IT-Sicherheit und Verbraucherschutz

Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes[14]

Notwendig ist ein „neuer Datenschutz“ für die Informations- und Wissensgesellschaft von morgen.

Die bestehenden Datenschutzgesetze, die vor dem Hintergrund eines inzwischen weitgehend überholten Technikszenarios entstanden sind, das von zentralen Großrechneranlagen ausging, geraten angesichts der rasanten technischen Entwicklung – Stichworte Dezentralisierung und Vernetzung – immer mehr an ihre Grenzen

Das Vertrauen in neue Technologien muss gestärkt werden, um das wirtschaftliche Potenzial dieser Sparte zu nutzen.

Bei der Debatte um die Umsetzung der EU-Richtlinien in Deutschland darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, dass die Harmonisierung europäischer Datenschutzsysteme zwar einen wichtigen ersten Schritt darstellt, das mittelfristig jedoch weit über Europa hinausgehende Regelungen gefunden werden müssen.

Erst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in seiner datenschutzrechtlichen Ausprägung und die Sicherstellung des Informationszugangs garantieren und ermöglichen die Teilhabe der Menschen an der Gesellschaft.

Ein modernisiertes Datenschutzrecht solle auf eine Trennung zwischen öffentlichem und nicht-öffentlichem Bereich verzichten und wesentlich „verschlankt“ werden.

Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes:

In der Koalitionsvereinbarung heißt es: ‚Effektiver Datenschutz im öffentlichen und im privaten Bereich gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für eine demokratische und verantwortbare Informationsgesellschaft. Die notwendige Anpassung des deutschen Datenschutzrechts an die Richtlinie der Europäischen Union soll kurzfristig umgesetzt werden.

  • Umsetzung der EG-Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in deutsches Recht
  • Gutachten : Grundlinien zur ‚Modernisierung des Datenschutzrechtes‘[15] formuliert Eckpunkte für eine grundlegende Reform

Antrag: Umfassende Modernisierung des Datenschutzrechtes voranbringen[16]

Das bestehende Datenschutzrecht ist zu sehr am Konzept der räumlich abgegrenzten Datenverarbeitung fixiert. Der Datenschutz muss sich aber an den Herausforderungen einer dezentralen organisierten, aber miteinander, zumeinst auch weltweit vernetzten Datenverarbeitung stellen, in der die technischen Systeme auf mobilen Klein- und Kleinstrechnern installiert sind.

  • Datenschutz muss übersichtlich und transparent normiert werden
  • Datenschutz muss bei der Gestaltung von Produkten, die an der Verarbeitung persönlicher Daten beteiligt sind beachtet werden. (Privacy by Design)
  • Informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht der Informationsgesellschaft soll in das Grundgesetz aufgenommen werden.
  • Einführung eines Arbeitnehmerdatenschutzes
  • Opt-In soll als Grundsatz für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung gelten
  • Einführung von Selbstregulierungsmechanismen
  • Verbesserung der Durchsetzungskompetenzen der Kontrollstellen

Antrag: Sichere Informations- und Kommunikationsstrukturen gewährleisten[17]

Mit der zunehmenden Bedeutung elektronischer Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen für alle gesellschaftlichen Bereiche wächst zugleich das Bewusstsein um die neuen Gefahren, die mit den spezifischen Merkmalen elektronischer Datenverarbeitung in globalen Netzwerken einhergehen. Die Bundesregierung muss diesen Gefahren durch entsprechende Maßnahmen entgegen wirken. Dabei muss die Kryptofreiheit gewahrt bleiben.

Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen[18]

  • Verbraucher erhalten ein verbessertes Widerrufsrecht
  • Anrufer bei Werbeanrufen dürfen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken
  • Bekämpfung sogenannter Kostenfallen im Internet 

Antrag: Förderung von Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E-Business[19]

  • Bestehende Programme zur Förderung von Sicherheit und Datenschutz in E-Government und E- Business sollen in einer gemeinsamen Strategie zusammen gefasst werden
  • In allen Bundesbehörden sollen diese Programme gleichförmig angewendet werden und sie sollen in die Gespräche mit den Ländern zu einer E-Government-Gesamtstrategie eingebracht werden. 

Digitale Spaltung überwinden

Antrag: Digitale Spaltung der Gesellschaft überwinden – Eine Informationsgesellschaft für alle schaffen [20]

Die Frage der Gewährleistung des Zugangs zu den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten (IuK) ist als die entscheidende Herausforderung der entstehenden Wissens- und Informationsgesellschaft anzusehen. Die Sicherstellung eines umfassenden gesellschaftlichen Zugangs zu neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten auf dem jeweils aktuellen technologischen Leistungsniveau und des Zugangs zu relevanten Inhalten, dem „Content“, bildet die zentrale Voraussetzung für die Aufhebung der digitalen Teilung.

  • digitale Spaltung muss verhindert werden, um einer daraus resultierenden Diskriminierung bestimmter Gruppen vorzubeugen
  • Kosten für die Internetnutzung sowie die Hardware müssen sind, da diese bislang eine Zugangsbarriere insbesondere für einkommensschwache Haushalte darstellen
  • an öffentlichen Orten müssen leistungsfähige Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bereitstehen
  • die Medienkompetenz muss im Schul-, Bildungs- und Weiterbildungssystem gefördert werden
  • Aufbau einer digitalen Bibliothek
  • Verbesserung der Online-Präsenz der öffentlich-rechtlichen Angebote

Antrag: Chancengleichheit in der globalen Informationsgesellschaft sichern- VN-Weltgipfel zum Erfolg führen[21]

Die Entwicklung der modernen Kommunikationstechnologien stellt die internationale Gemeinschaft vor die Herausforderung, auf die globale Chancengleichheit beim Zugang und der Nutzung dieser Kommunikationstechnologien hinzuwirken.

  • effektive globale Internetverwaltung an der demokratisch legitimierte Regierungen, Standardisierungsgremien, Betreiber und Diensteanbieter sowie Nutzer in gleicher Weise beteiligt sind.
  • hinsichtlich der Interverwaltung ist einer zivilen Nichtregierungsorganisation der Vorzug vor einer staatlichen Organisation zu geben
  • Entwicklungs- und Schwellenländer sind in verstärktem Maß an dieser Verwaltung zu beteiligen. Ihre Interessen sind bei der Verteilung von Domainnamen und IP-Adressen sowie hinsichtlich der Standorte der Rootserver zu beachten.
  • Kulturelle und sprachliche Vielfalt muss auch im Internet gewahrt und gefördert werden

Informationsfreiheit, e-Demokratie und e-Government

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)[22]

Das Gesetz soll das Verwaltungshandeln des Bundes durch erleichterten Informationszugang transparenter gestalten. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger werden gestärkt.

  • Anstelle des „Amtsgeheimniss“ tritt ein umfassender Auskunftsanspruch: „Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.“ (§ 1 Abs. 1, S. 1 IFG)
  • Das Informationsfreiheitsgesetz dient vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, denn In der modernen Informationsgesellschaft werden Informations-, Kommunikations- und Partizipationsanliegen der Bevölkerung immer wichtiger und verwaltungstechnisch immer leichter erfüllbar.
  • Die neuen Informationszugangsrechte verbessern die Kontrolle staatlichen Handeln und sind insofern auch ein Mittel zur Korruptionsbekämpfung.

Antrag: Deutschlands demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft[23]

Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik ist es, für den durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken vorangetriebenen Gesellschaftswandel solche Leitbilder zu formulieren, durch die sich die Informationsgesellschaft sozial verträglich und demokratisch entfalten kann.

  • Transparenz und Partizipation bei der Gestaltung der Informationsgesellschaft
  • Maßnahmen wie Zensur oder generelle Überwachung elektronischer Kommunikation dürfen für alle demokratischen Staaten grundsätzlich nicht in Frage kommen
  • Eine „Filterung“ öffentlicher Meinungsäußerung nach inhaltlichen Kriterien oder ein Verbot vertraulicher Kommunikation scheidet aus.

Antrag: e-Demokratie: Online-Wahlen und weitere Partizipationspotenziale der Medien nutzen[24].

Die Politik hat die Potenziale der neuen Informations-und Kommunikationsmöglichkeiten und die Herausbildung der globalen Informations- und Kommunikationsnetzwerke für die politische Kommunikation positiv aufzunehmen und in den Gestaltungsprozess einzubinden.

  • Wissens- und Informationsgesellschaft verändert die Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation im Spannungsfeld von Öffentlichkeit, Medien und Politik.
  • e-Demokratie Projekt
  • Zugang als Mittel demokratischer Teilhabe
  • Anspruch der Bürger auf Akteneinsicht und Auskunftserteilung (Informationsfreiheitsgesetz)
  • Stimmabgabe per Internet (so Abschlussbericht der Enquete-Kommission)

Antrag: Den Wettbewerb stärken, den Einsatz offener Dokumentenstandards und offener Dokumentenaustauschformate fördern[25]

Die zunehmende Digitalisierung wird als wichtiger Faktor für wirtschaftliches Wachstum angesehen. Erforderlich ist jedoch, dass sowohl in Unternehmen als auch in der Verwaltung offene Standards zur Dokumentenverwaltung genutzt werden können.

  • Für alle Beteiligten muss der Austausch von Dokumenten und Daten zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern ohne große technische Hindernisse möglich sein. Die öffentliche Verwaltung muss besonderen Wert darauf legen, niemanden von der Beteiligung an einem elektronischen Verfahren aufgrund der Nutzung eines bestimmten Produktes auszuschließen.
  • Standards sollen dann als „offen“ betrachtet werden, wenn sie den Austausch zwischen verschiedenen Plattformen und Applikationen ermöglichen und aus- reichend dokumentiert sind. Die Schnittstellen müssen offengelegt, die technischen Spezifikationen auch umsetzbar sein, und ihre Nutzung muss zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen lizenziert werden.

Urheberrecht

Zwischenbericht der Enquete Kommission: Neue Medien und Urheberrecht[26]

Das bestehende Urheberrecht sollte nur zurückhaltend reformiert werden. Die bestehenden Herausforderungen können mit Hilfe einer Änderung der Rechtsprechung sowie durch Ergänzungen bewältigt werden.

  • die Regelung des § 53 UrhG (Recht zur privaten Vervielfältigung) sollte auch digitale Techniken umfassen
  • der digitale Abruf von Kopien aus öffentlichen Bibliotheken für wissenschaftliche und schulische Forschungszwecke soll nicht beschränkt werden.

Antrag: Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen [27]

  • Mit den anderen Fraktionen des Bundestages fordert die SPD, die EU Kommission auf, ihren Vorschlag für die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen zu überarbeiten.
  • Die Patentierbarkeit von Software sei zwar ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, eine zu weit gehende Patentierbarkeit von Computerprogrammen drohe sich jedoch negativ auf die Innovationsdynamik auszuwirken und zu neuen Rechtsunsicherheiten insbesondere für Open-Source-Konzepte zu führen.

Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums[28]

  • Das Gesetz dient der Verbesserung der Stellung der Rechtsinhaber beim Kampf gegen Produktpiraterie. Es soll einen Beitrag zur Stärkung des geistigen Eigentums leisten und dient der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG[29].
  • Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass Rechteinhaber gegenüber Dritten (z.B: Service Provider) einen Auskunftsanspruch auf Herausgabe der Daten des „Verletzers“ haben können.

Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computer-Kriminalität[30]

  • Mit diesem Gesetz wurden das Übereinkommen des Europarates über Computerkriminalität[31] und der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union über Angriffe auf Informationssysteme[32] in deutsches Recht umgesetzt.
  • Durch die Einführung des § 202c Strafgesetzbuch[33] (StGB) sollen bestimmte besonders gefährliche Vorbereitungshandlungen selbstständig mit Strafe bedroht werden.
  • Erfasst werden insbesondere die so genannten Hacker-Tools, die bereits nach der Art und Weise ihres Aufbaus darauf angelegt sind, illegalen Zwecken zu dienen, und die aus dem Internet weitgehend anonym geladen werden können. 

Innere Sicherheit und Strafverfolgung

Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG[34]

Durch das Gesetz erfolgte eine grundlegende Neuregelung des Rechts der verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen, das in den §§ 98a bis 101, 110a bis 110e und 163d bis 163f StPO geregelt ist. Dabei sollten technische Weiterentwicklungen berücksichtigt werden.

Durch § 100a Abs. 4 StPO soll der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch bei der Telekommunikationsüberwachung gewährleistet werden.

Umgestaltung des § 100g StPO in eine Datenerhebungsbefugnis und die Erstreckung der Befugnis zur Durchsicht von Datenträgern auf mit diesen vernetzten – aber räumlich getrennten Speichermedien (§ 110 Abs. 3 StPO)

Zur Umsetzung der Richtlinie[35] zur „Vorratsspeicherung“ von Verkehrsdaten werden im Telekommunikationsgesetz (insbesondere in den §§ 113a, 113b TKG) Regelungen über entsprechende Speicherungspflichten sowie in der Strafprozessordnung (§ 100g StPO) Regelungen über darauf bezogene statistische Erhebungen und Berichtspflichten geschaffen.

Es wird am 9. November 2007 in namentlicher Abstimmung von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestags verabschiedet, am 26. Dezember 2007 von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet und trat mit dem 1. Januar 2008 in Kraft.

Inwieweit dieses Gesetz mit dem Grundgesetz verträglich ist, sollte durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht geklärt werden,[4] allerdings bestanden bereits bei der Ratifizierung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit.[5] Diese bestätigten sich schließlich auch durch Aufhebung des Gesetzes durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 02. März 2010 – 1 BvR 256/08.

Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt[36]

Ziel des Gesetzentwurfs ist die Verbesserung der Möglichkeiten bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt. Das BKA erhält unteranderem folgende Kompetenzen:

Rasterfahndung: Das Bundeskriminalamt kann von öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen die Übermittlung von personenbezogenen Daten von bestimmten Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhalt im öffentlichen Interesse geboten ist, erforderlich ist. (§ 20j Abs. 1, Satz 1)

Verdeckter Einsatz in informationstechnische Systeme : Das Bundeskriminalamt darf ohne Wissen des Betroffenen mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingreifen und aus ihnen Daten erheben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. (§ 20k Abs. 1)

Überwachung der Telekommunikation: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen die Telekommunikation einer Person überwachen und aufzeichnen, wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20l Abs. 1)

Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten und Nutzungsdaten: Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 und § 113a des Telekommunikationsgesetzes) erheben wenn bestimmte Tatsachen vorliegen und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. (§ 20m, Abs. 1)

Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und –endgeräten: Das Bundeskriminalamt kann unter den Voraussetzungen des § 20l Abs. 1 durch technische Mittel

  1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie
  2. den Standort eines Mobilfunkendgeräts ermitteln.

Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen[37]

Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung von Diensteanbietern, die den Zugang zu Kommunikationsnetzen vermitteln (Zugangsvermittler), technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kinderpornografischen Internetangeboten zu erschweren.

Sperrliste: Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt eine Liste über vollqualifizierte Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornografie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu ver- weisen (§ 8a Abs. 1 TMG)

Stoppmeldung: Die Diensteanbieter leiten Nutzeranfragen, durch die in der Sperrliste aufgeführte Telemedienangebote abgerufen werden sollen, auf ein von ihnen betriebenes Telemedienangebot um, das die Nutzer über die Gründe der Sperrung sowie eine Kontaktmöglichkeit zum Bundeskriminalamt informiert. (§ 8a Abs. 4 TMG) 

Internet-Infrastruktur:

Antrag: Erweiterung des Adressraums im Internet[38]

  • Auch wenn das Internet global strukturiert ist, zeigt sich wegen des großen Erfolges dieser und anderer nationaler Adressierungen inzwischen weltweit ein Trend, die Adressierung auf Ebene der Top-Level-Domains weiterzuentwickeln
  • Neben den bekannten Adressen wie „.com“, „.org“ und den nationalen Adressen wie „.de“ wird der Adressraum um regionale Adressierung erweitert, um stärkere lokale und regionale Nutzung zu fördern bzw. homogene Märkte und Nutzungsräume schon auf Ebene der Top-Level-Domains sichtbarer und erkennbarer zu machen.
  • Diese Entwicklung bietet für Deutschland große Chancen und für die Bundesländer, Regionen und Städte, sich noch stärker als bisher in ihrer Eigenheit wirtschaftlich und kulturell weltweit präsentieren zu können. Die SPD-Fraktion unterstützt daher ausdrücklich Initiativen für neue Namensräume wie „.berlin“ oder „.nrw“.

III. 2010: Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“[39]

Mit dem Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005 fand die erste, sehr produktive Phase parlamentarischer Beschäftigung mit den Auswirkungen des Internet aus Politik und Gesellschaft in der SPD ein vorläufiges Ende. Die Zeit der darauffolgenden Koalition der SPD mit CDU/CSU zeichnete bereits ein zwiespältiges Bild, obwohl die in der Netzpolitik handelnden Personen weitgehend gleich geblieben waren.

Innerhalb der SPD rückte der Gedanke des „Schutzes“ dennoch wesentlich stärker in den Mittelpunkt. Bei Gesetzesinitiativen wie der Vorratsdatenspeicherung oder der „Websperre“ sollte dieses vorrangig durch Einschränkungen allgemeiner Freiheit durch Strukturen der Überwachung realisiert werden. Hiergegen wendete sich eine zunehmende Zahl von Mitgliedern in der SPD und vor allem viele jüngere Anhänger sozialdemokratischer Netzpolitik, was beim Thema Websperren beispielsweise in einen Initiativantrag für den SPD-Bundesparteitag mündete[40]. In diesem verlangte die Parteibasis von ihrer Fraktion im Bundestag nicht mit dem Koalitionspartner für die von Ursula von der Leyen vorgelegte Gesetzesinitiative zu stimmen, da sie hier „eine rote Linie“ überschritten sah. Eine Aussprache zu diesem Thema auf dem Bundesparteitag verhinderte jedoch das Parteitagspräsidium unter dem späteren Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas[41], so dass – anders als bei der Fraktion von Bündinis90/Grüne, die sich nach einem entsprechenden Beschluss ihres Parteitages nicht mehr zur Zustimmung zu dem Gesetz in der Lage sah – die überwiegende Zahl der Abgeordneten der SPD diesem Gesetz zustimmten.

In der Folge erreichten die Proteste den von den Netzpolitikern in der SPD vorhergesagten Höhepunkt: Mehr als 130.000 Bürger unterschrieben eine gegen das Gesetz gerichtete Petition und die „Piratenpartei“ wurde aufgrund ihrer Umfrage- und Wahlergebnisse kurzfristig als ernsthafte politische Herausforderung der etablierten Parteien wahrgenommen. In der Folge schwand die öffentliche Zustimmung zu dem gerade erst in Kraft getretenen Gesetz so sehr, dass die nach den Wahlen 2009 regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP die Aufhebung des Gesetzes schließlich selbst betrieb und dieses am 1. Dezember 2011 nahezu einstimmig aufgehoben wurde[42].

Auch wenn die SPD nach ihrer Wahlniederlage Nachbesserungsbedarf erkannte[43], die Phase, in der vor allem die SPD als fortschrittliche „Netzpartei“ in Deutschland wahrgenommen wurde, war 2010 vorüber – die Glaubwürdigkeit ihrer Protagonisten in der „Community“ langfristig schwer beschädigt.[44]

Die Koalition aus CDU/CSU und FDP erkannte die sich auftuende politische Lücke[45] und kündigte im Januar 2010 die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ an. In der Presseerklärung hierzu heißt es:

„Der Staat muss Rahmenbedingungen setzen, um das Internet als freiheitliches Medium zu schützen sowie seine Funktionsfähigkeit und Integrität zu erhalten und zu fördern. Für Bürgerinnen und Bürger, für Wirtschaft und Wissenschaft ist ein freier, ungehinderter Zugang zum Internet von großer Bedeutung und entscheidet mit über den Wohlstand eines Landes. Die Entfaltung der Freiheitsrechte, im besonderem Maße das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, müssen im digitalen Zeitalter gewahrt und ihre Durchsetzbarkeit gesichert werden.“[46]

Diese Enquetekommission beschäftigte sich in 3 Jahren Arbeit und fast 2.000 Seiten Abschlussbericht leider wieder mit Themen, die bereits in der vorangegangenen Expertenrunde abgearbeitet wurden. Darunter:

  • die „Stärkung der Medienverantwortung“ von Anbietern und Nutzern,
  • die „Erhaltung und Sicherung von Medien- und Meinungsvielfalt“,
  • die „Förderung der Medienkompetenz“ in Bildungseinrichtungen und
  • die „Gewährleistung einer vertrauenswürdigen und sicheren Internet-Infrastruktur“[47]

Nun mehr erklärte auch die CDU/CSU Fraktion, dass sich das Thema Informationstechnologie nicht isoliert von gesellschaftlichen Entwicklungen diskutieren lässt. Schon in ihrem Antrag heißt es: „Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich im und mit dem Internet statt.“[48]

Auch wenn jede Auseinandersetzung zum Thema „Netzpolitik“ zu begrüßen ist, so kam die politische Einsicht, dass das Internet Teil des Lebens geworden ist, damals schon um einige Jahre zu spät. Diese Annahme sollte taugt nicht mehr als Ausgangspunkt für eine neue Debatte. Sinnvollerweise hätte die neue Enquete-Kommission daher sicherlich besser dort weitergemacht, wo die letzte Kommission aufgehört hatte und die seitherige Entwicklung kritisch untersucht und grundlegende Positionen weiterzuentwickeln. Stattdessen wurden in weiten Teilen ihrer Arbeit bereits geführte Debatten nur noch einmal in anderer Zusammensetzung und neuen Überschriften wiederholt.

So gelangte diese Enquete daher erwartungsgemäß auch nur zum Teil zu neuen Erkenntnissen und einigte sich nur auf wenige Punkte[49]:  Selbst die von den Sachverständigen fraktionsübergreifend beschlossenen zentralen Handlungsempfehlungen jedoch fanden in den Koalitionsverhandlungen 2014 kurz darauf aber schon keine Mehrheit[50].  Und im Zuge der Enthüllungen von Edward Snowden zur massenhaften Überwachung der NSA auch in Deutschland erklärte die CDU-Vorsitzende Kanzlerin Merkel noch 2013 „Das Internet ist für uns alle Neuland“[51].

Der SPD ist es in der Rückschau mit ihren Initiativen in den ersten 15 Jahren „Netzpolitik“ somit zwar gelungen, das Thema „Internet“ in den zutreffenden Zusammenhang als ein wesentlicher Treiber gesellschaftlichen Wandels einzuordnen und die Diskussion darüber in ihrer Breite zu befördern. Netzpolitik ist heute als etablierter Teil allgemeiner Politik „angekommen“[52].

Anders aber als es noch in den ersten Jahren erschien, ist es der SPD auch nicht in der wichtigen Phase bis zum Ende der Rot-Grünen-Koalition im Jahr 2005, aber auch danach (noch) nicht gelungen, auch für sich selbst einen festen Grund zu erarbeiten, der es ihr ermöglichen würde, auch in rauer politischer See oder als „Juniorpartner“ in großen Koalitionen in heiklen Fragen etwa des „Schutzes“ und der „Sicherheit“ im Zweifel einen klaren Kurs in Richtung ihres Grundwertes „Freiheit“ zu halten. Zuletzt am überraschenden Kurswechsel von Sigmar Gabriel und Heiko Maas in der Frage der Vorratsdatenspeicherung[53] wurde vielmehr deutlich, warum sich die SPD in diesem wichtigen neuen Politikfeld daher immer wieder mit dem Vorwurf fehlender Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit konfrontiert sieht.

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[1] Bspw. wegen den Formulierungen der Anfrage „Multimediale Kommunikation – Stand und Perspektive der Entwicklung in Deutschland“ in BT-Drs. 13/958 und der Positionen zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes

[2] Schlussbericht der Kommission BT-Drs. 13/ 11004 vom 22.06.1998; Sh.: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf.

[3] BT-Drs.: 13/6000 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/060/1306000.pdf.

[4] Als neue Dienste gelten Online-Angebote, Elektronische Dienstleistungen, Teleshopping, On-Demand-Dienste und Electronic Publishing.

[5] BT-Drs. 13/8110  http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf

[6] BT-Drs. 13/11001

[7] BT-Drs. 13/11002

[8] BT-Drs. 13/11003

[9] Abschlussbericht BT Drs. 13/11004, S. 114 ff. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/110/1311004.pdf

[10] Diese sind im wesentlichen dokumentiert in Tauss/ Kollbeck/ Mönikes (Hrsg.) „Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, Nomos, Baden-Baden 1996

[11]BT-Drs. 14/ 8649 vom 21. 03. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/086/1408649.pdf.

[12] Aktionsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahr 1999; Sh.: http://www.bmbf.de/pub/inno21d.pdf.

[13] Bericht BT-Drs. 13/11380 vom 24.08.1998; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/113/1311380.pdf.

[14] Vogt/Tauss: Eckpunkte-Papier: Zur Modernisierung des Datenschutzrechtes Sh.: http://jaccomat.net/net/jtauss/dl/eckpunktedatenschschutztaussvogt1998.pdf.

[15] Gutachten im Auftrag des Bundes Innenministeriums aus dem Jahr 2002; Sh: http://www.dud.de/documents/modernisierung-dsrecht.pdf.

[16] BT-Drs 14/9709 vom 03. 07. 2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/097/1409709.pdf.

[17] BT-Drs. 14/9683 vom 03.07.2002; Sh.:http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/096/1409683.pdf.

[18] Entwurf BT-Drs. 16/10734 vom 31.10.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[19] BT-Drs. 16/13618 vom 01.07.2009, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610734.pdf.

[20] BT-Drs 14/6374 vom 20.06.2001; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/063/1406374.pdf.

[21] BT-Drs. 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[22] Entwurf: BT-Drs. 15/4493 vom 14.12.2004; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504493.pdf.

[23] BT-Drs. 13/5197 vom 27.06.1996; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/051/1305197.pdf.

[24] BT-Drs. 14/8098 vom 29.01.2002; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/080/1408098.pdf.

[25] BT_Drs 15/1988 vom 12.11.2003; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/15/019/1501988.pdf.

[26] BT-Drs 13/8110 vom 30.08.1997; Sh.:. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/13/081/1308110.pdf.

[27] BT-Drs. 15/4403 vom 12.04.2004, Sh: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/044/1504403.pdf.

[28] Regierungsentwurf, Sh.: http://www.bmj.bund.de/files/-/1727/RegE%20Durchsetzungsrichtlinie.pdf.

[29] Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, Sh.:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:157:0045:0086:DE:PDF.

[30] Sh.: http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl107s1786.pdf.

[31] Sh.: http://conventions.coe.int/treaty/ger/treaties/html/185.htm.

[32] Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:069:0067:0071:DE:PDF.

[33] § 202c Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten

(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er

  1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
  2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

[34] Gesetzesentwurf, Sh.: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2007/0275-07.pdf.

[35] Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, Sh.: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:105:0054:0063:DE:PDF

[36] Gesetzesentwurf: BT-Drs. 16/9588 vom 17.06.2008, Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/095/1609588.pdf.

[37] Entwurf BT-Drs. 16/12850 vom 05.05.2009; Sh.: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/128/1612850.pdf. (Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten.)

[38] BT-Drs. 16/4564 vom 07. 03. 2007; Sh. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/045/1604564.pdf.

[39] Antrag, Sh.: http://www.carta.info/docs/EnqueteAntrag.pdf.

[40] Bericht des Spiegels: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/internet-sperren-spd-basis-rebelliert-gegen-anti-kinderporno-gesetz-a-629919.html

[41] S. 89, Protokoll des a.o. Parteitags Berlin 2009  http://www.spd.de/linkableblob/1792/data/protokoll_und_beschluesse_bundesparteitag_berlin_2009.pdf ; http://www.heise.de/newsticker/meldung/SPD-Parteitagsantrag-gegen-Gesetz-zu-Web-Sperren-gescheitert-181378.html

[42]Protokoll der 146. Sitzung des Deutschen Bundestages  http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17146.pdf

[43] http://www.tauss-gezwitscher.de/?p=118

[44] Vgl. statt vieler B. Gürkan, http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/ oder M. Beckedahl: http://politicom.de/blog/2010/05/btw-2009-7-die-debatte-um-das-zugangserschwerungsgesetz/

[45] http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/internetpolitik-schwarz-gelb-sucht-naehe-zur-netzgemeinde/1670888.html

[46] Sh.: http://www.cducsu.de/Titel__koalition_will_enquete_kommission_internet_und_digitale_gesellschaft/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__14574/Inhalte.aspx.

[47] Sh.: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,671781,00.html.

[48] AaO. 39.

[49] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/internet-enquete-fordert-ausschuss-und-minister-a-895256.html

[50]Gesamtanalyse:  https://www.divsi.de/wp-content/uploads/2014/06/Netzpolitik-in-Deutschland.pdf

[51] http://www.zeit.de/digital/internet/2013-06/merkel-das-internet-ist-fuer-uns-alle-neuland

[52] http://www.parlamentarische-linke.de/wp-content/uploads/2015/01/PL_Reader_NetzPol.pdf

[53] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/heiko-maas-will-schnell-gesetz-zur-vorratsdatenspeicherung-vorlegen-a-1024645.html

Jörg Tauss (2015): Von Internet und Dackeln

Zwei Dinge durfte Mitte der 90iger Jahre ein Abgeordneter nicht mit ins Abgeordnetenhaus nach Bonn bringen: Seinen Hund und ein Modem, mit dessen Hilfe (durch das Modem, nicht den Hund) endlich ein Internetzugang auch in einem MdB-Büro in den Räumen des Deutschen Bundestages möglich werden sollte.

Und so passierte es eben: Der Dackel eines Kollegen, der sein Tierchen beim besten Willen an diesem Tage nicht anders unterbringen konnte, wurde durch ein Fenster im Erdgeschoss des hohen Hauses am Pförtner vorbei ins Innere gehoben. Wegen des revolutionären Aktes erfolgte kurz darauf das illegale Eindringen des Modems dann symbolisch, nach dem Tierchen, auf demselben Wege durch das ohnehin schon entweihte Fenster.

Auf diese Weise kam also 1995 das Internet in den Bundestag. Der zuständige Büro-Tauss-PC-Betreuer von PARLAKOM, der nun wirklich nichts dafür konnte, erhielt nach dessen Angaben sogar noch eine arbeitsrechtliche Rüge oder Abmahnung wegen dieser frevelhaften Tat. Dass er also zur Rettung seine Jobs auf Weisung der Verwaltung einen Menschen im Blaumann vorbeischicken mußte, um mein „Internet“ wieder abzuzwicken, ist schon wieder eine eigene Anekdote. „Wo ist Ihr Internet?“, fragte der arme Arbeiter. „Hier“, deutete ich damals auf den PC. „Das ist aber ein Computer und kein Internet“, entgegnete der behördliche Fachmann fix und verzog sich wieder unverrichteter Dinge zur Beratung mit seinen Obersten. Doch das Modem wurde eben nicht gefunden, somit nicht abgezwickt und der Blaumann ward nie wieder gesehen. Nur ein Geschäftsführer der SPD- Bundestagsfraktion, zuständig für die EDV, beschimpfte mich noch tagelang als „Sicherheitsrisiko für das ganze Parlament“ – und dennoch blieb der Bundestag bis heute am Netz.

Ohne diesen Vorgang hätte es weder die erste MdB-Homepage noch einen „Virtuellen Ortsverein“ gegeben.